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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0290
Hans Speidel

Fabrikation, meist nur mit einem Teil ihrer früheren Belegschaft, wieder aufnehmen. Man half
sich mit der Aufarbeitung der noch mancherorts vorhandenen Vorräte oder versuchte, das
Fehlende irgendwo aufzutreiben. Die Wiederaufnahme der Fabrikation mußte dem Bevollmächtigten
für Wirtschaftsfragen im Bereich des Gouvernements-Militaire in Hechingen
angezeigt werden. Von der industriellen und gewerblichen Produktion mußte in der ersten Zeit
ein großer Teil für die Besatzungsmacht im Lande sowie für Lieferungen nach Frankreich
abgegeben werden. Der Umfang der für die einheimische Bevölkerung freigegebenen Waren
war gering und unterlag bei den meisten Erzeugnissen, wie schon in der Kriegszeit, der
Bewirtschaftung. Sie konnten nur gegen Bezugsscheine und meistens nur an einen beschränkten
Personenkreis (z.B. an Flüchtlinge) ausgegeben werden.

Für das Handwerk war die Situation nach dem Krieg im allgemeinen etwas günstiger als für
die Industrie. Zwar wirkte sich auch hier häufig die Rohstoffknappheit aus. So fehlten im
Bauhandwerk Gips, Kalk, Zement, Dachziegel, Bauholz und Glas. In anderen Handwerksbetrieben
fehlten Schnittholz, Leim, Blech, Nägel und Eisenteile. Bei den Schuhmachern mangelte
es an Leder und anderem Reparaturmaterial. In manchen Handwerkszweigen fehlten auch
geeignete Arbeitskräfte, da viele Handwerker noch in Kriegsgefangenschaft waren und die
Ausbildung junger Leute im Krieg unterblieben war.

Auch die Erzeugnisse des Handwerks unterlagen, soweit sie nicht an die Besatzungsmacht
abzuliefern waren, weitgehend der Bewirtschaftung. Bewirtschaftet waren vor allem Textil-
und Lederwaren. Aber auch Möbel, Öfen, Schmierstoffe, Seife und sogar Schuhcreme gab es
nur gegen Bezugscheine. Mit der Verteilung der bewirtschafteten Waren und Gegenstände
bzw. mit der Ausgabe der zu ihrem Bezug berechtigten Gutscheine war das Kreiswirtschaftsamt
, bei landwirtschaftlichen Geräten, wie schon an anderer Stelle ausgeführt, das Landwirtschaftsamt
in Haigerloch zuständig. Bei der geringen Anzahl der zur Verfügung stehenden
bewirtschafteten Waren war die Verteilung häufig sehr schwierig. So wurden im Winter 1946/
1947 dem Kreis Hechingen 50 Öfen, von denen 30 für die zu erwartenden Flüchtlinge
zurückgestellt werden mußten, 100 Wassereimer und 200 Kochtöpfe zugewiesen. Bei diesen
beschränkten Verteilungsmöglichkeiten konnte eine Zuteilung nur in ganz besonders dringenden
Fällen erfolgen, so z.B. wenn überhaupt kein Ofen oder kein Kochherd mehr in der
Wohnung vorhanden war. Gaben Handwerker oder Geschäfte Waren ohne Bezugsschein oder
im Tauschverkehr ab, mußten sie, wenn es bekannt wurde, mit empfindlichen Strafen rechnen.
Zur Abschreckung wurden die Strafen sogar in den Amtsblättern veröffentlicht. So steht z.B.
im Amtsblatt des Kreises Hechingen vom 18. April 1947, gegen einen Geschäftsmann - Name
ist angegeben - sei wegen Lieferung von Schiefertafeln gegen Eier eine Strafe von tausend
Reichsmark festgesetzt worden. Trotzdem ging der Schwarz- und Tauschhandel landauf landab
weiter.

Ein empfindlicher Schlag sowohl für die Industrie wie auch für das Handwerk war die in der
französischen Zone durchgeführte Maschinenabgabe in den Jahren 1945/1946 und 1947. Im
Kreis Hechingen mußten 439 Textilmaschinen, 88 Maschinen in der Schuhbranche und
251 Werkzeugmaschinen abgeliefert werden. Dabei hatte eine im Lande herumreisende französische
Spezialkommission die neuesten und wertvollsten Maschinen ausgesucht, so daß den
einheimischen Betrieben häufig nur veraltete Maschinen blieben. Auch die im Auftrag der
Franzosen durchgeführten Holzeinschläge - die sogenannten F und E Hiebe (Frankreich- und
Exporthiebe) - wirkten sich nachteilig auf die einheimische Wirtschaft aus, wenn bei dieser
Aktion auch in erster Linie der Staats- und Körperschaftswald sowie der Großprivatwald
(fürstliche Wälder) herangezogen wurde.

In manchen Betrieben, vor allem in der Textilbranche, machte sich bereits im Jahre 1946 ein
Mangel an geeigneten Arbeitskräften geltend. Um diesem Mangel abzuhelfen, holten manche
Betriebsinhaber (auch einige aus dem Kreis Hechingen) Flüchtlinge aus Lagern in anderen
Besatzungszonen in unser Land. Sie stellten diesen neben dem Arbeitsplatz meistens auch eine
ausreichende Wohnung zur Verfügung. Schon im August 1946 waren nach einem Bericht des

260


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