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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0299
Der Landkreis Hechingen 1945-1955

nach Möglichkeit identifiziert und in Särgen bestattet werden. Sie wurden auf dem Ehrenfriedhof
, der auf dem Lagergelände errichtet wurde, beigesetzt.

Aus dem Kreis Hechingen waren verhältnismäßig wenige in dem Baiinger Lager interniert.
Aus der Kreisstadt waren es neun oder zehn Personen, von denen sieben bereits im Laufe des
ersten Jahres wieder entlassen wurden. Auch die aus den übrigen Kreisgemeinden Inhaftierten
kamen überwiegend nach einigen Monaten wieder frei. Im Sommer und Herbst 1946 wurden in
einer Aktion über tausend Häftlinge aus dem Lager entlassen. Als das Lager im Herbst 1947 in
die deutsche Verwaltung überging, befanden sich noch etwa 800 Insassen im Lager. Aus dem
Kreis Hechingen waren es 17 Männer. Unter ihnen befanden sich mehrere frühere Ortsgruppenleiter
und Bürgermeister sowie einige Volksschullehrer. Der Hechinger Kreisuntersuchungsausschuß
mußte über jeden von ihnen eine Beurteilung über ihre Tätigkeit und ihr
Verhalten während der Naziherrschaft abgeben. Diese fiel für die Betroffenen sehr wohlwollend
aus, so daß die meisten bald entlassen wurden. Als letzter Internierter wurde ein Minister
aus der früheren Stuttgarter Regierung Ende des Jahres 1948 entlassen.

Der Einstieg Trabers in sein neues Amt war mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
Vor allem fehlte es ihm an geeigneten Hilfskräften. Lange bemühte er sich vergeblich, um
Juristen für die Errichtung weiterer Spruchkammern zu finden. Ein Hechinger Richter schrieb
ihm am 8. März 1948 auf eine Anfrage, es sei kein Jurist bereit, eine Tätigkeit bei der
Entnazifizierung zu übernehmen, weil sich niemand den Weg zurück verbauen wollte. Auch
müsse man feststellen, daß mit zunehmendem Abstand von dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus
der Tatbestand immer mehr in einem den Belasteten günstigen Sinn verwischt
werde.

Staatskommissar Traber besuchte nach seinem Amtsantritt auch mehrfach das Baiinger
Internierungslager. Bei einem dieser Besuche hielt er eine von den Inhaftierten stark kritisierte
Ansprache. In einer nachträglichen Stellungnahme zu seinen Ausführungen wandten sich diese
vor allem gegen seine Behauptung, sie hätten das Verbrecherische des Nazi-Systems schon
früher erkennen können und seien auch für den Ausbruch des Krieges mitverantwortlich. Viele
von ihnen hatten nach über zwei Jahren seit dem Zusammenbruch nicht mehr das Schuldgefühl
und das Verantwortungsbewußtsein wie unmittelbar nach der Katastrophe. Man hatte, wie
Traber sagte, die These vom Recht auf den politischen Irrtum aufgestellt, und darauf beriefen
sich die meisten. Dies war nicht nur bei den Inhaftierten der Fall, sondern auch in fast jedem
Säuberungsverfahren. So war die Arbeit für Traber überaus mühsam, und Tag um Tag stellten
sich neue Schwierigkeiten ein. Schon ein Jahr nach seinem Amtsantritt, am 4. Juni 1948, brach er
an seinem Schreibtisch in Tübingen tot zusammen. Die übernommene Aufgabe hatte seine
Kräfte überfordert. Unter seinem Nachfolger Rechtsanwalt Thaddäus Mayer aus Riedlingen
fand die so umstrittene Säuberungsaktion nach einiger Zeit ihr Ende.

6. KREIS UND STADT HECHINGEN IM AUFBAU

Die bereits an anderer Stelle erwähnte Währungsreform vom Juni 1948 war für die
wirtschaftliche Entwicklung in Stadt und Kreis Hechingen wie auch im ganzen Bundesgebiet
von einschneidender Bedeutung. Jeder Einwohner erhielt damals einen Kopfbetrag von
60-DM, wovon 40.-DM am 20.Juni 1948 und weitere 20.-DM innerhalb der folgenden zwei
Monate ausgezahlt wurden. Das alte Geld verlor seinen Wert, und alle waren, wie man damals
sagte, gleich arm und gleich reich. Das neue Geld war in der ersten Zeit sehr knapp, aber es war
begehrt und hatte seinen Wert. Sparsamkeit kam wieder zu Ehren, und manche Familie bestellte
sogar das Amtsblatt, das im Monat zweimal erschien und 10 Pfennige kostete, ab, um den
Groschen zu sparen.

Die Währungsreform war aber trotz des Verlustes des alten und der Knappheit des neuen
Geldes der Neubeginn einer wirtschaftlichen Belebung. Zwar blieben manche Erzeugnisse wie

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