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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0313
Der Landkreis Hechingen 1945-1955

Die weiteren Beratungen

Bei den weiteren Beratungen im Verwaltungsausschuß über den an den Landtag einzubringenden
Vorschlag gab es, wie ein Abgeordneter sagte, »ein Feilschen um jeden Ort«. Für den
Kreis Hechingen wurden als Änderungen vorgeschlagen: Dem Kreis Hechingen sollen vom
Kreis Reutlingen die Gemeinden Mägerkingen, Hausen a. d. L. und Bronnen, vom Kreis Horb
die Gemeinden Wachendorf und Wiesenstetten und vom Kreis Tübingen die Gemeinde
Hirrlingen angegliedert werden. Dagegen soll er die Gemeinden Betra, Dettingen, Dettlingen,
Dießen, Fischingen und Glatt an den Kreis Horb und die Exklave Wilflingen an den Kreis
Rottweil abgeben. Zwei Gemeinden des Horber Korridors, nämlich Empfingen und Dettensee,
sollen entgegen der Regierungsvorlage beim Kreis Hechingen und die Gemeinden Trochtelfin-
gen und Steinhilben beim Kreis Sigmaringen bleiben.

Nachdem dieser Vorschlag bekannt wurde, war, wie die Presse schrieb, »die Volksseele am
Kochen«. Der Gemeinderat von Hirrlingen erklärte, seine Gemeinde lasse sich nicht als
»Tauschobjekt« für andere Gemeinden, die der Kreis Hechingen abgeben müsse, »opfern«.
Auch die Gemeinden Wachendorf und Wiesenstetten wollten nicht der »Kaufpreis« für die
Abgabe der Hechinger Gemeinden sein. Der Kreis Reutlingen drohte erneut mit dem
Bundesverfassungsgericht. Der Hohenzollerische Landeskommunalverband beschwerte sich
darüber, daß der Verwaltungsausschuß die hohenzollerischen Gemeinden hin- und hergeschoben
und an Hohenzollern »herumgeschnipfelt« habe, daß es jedem Empfinden von Gemeindesinn
und Tradition Hohn spreche. Auch er verlangte eine Abstimmung der betroffenen
Bevölkerung. Die Stimmen der Kritik wurden auch in der Presse immer deutlicher, und selbst
der Ministerpräsident erklärte in öffentlichen Versammlungen, er werde sich dagegen wehren,
daß Gemeinden gegen ihren Willen und ohne zwingenden Grund ausgekreist würden.

Die Ablehnung

In der zweiten Lesung im Landtag am 21. Juli und am 29. September 1955 kam die
Gesetzesvorlage, wie nicht anders zu erwarten war, zu Fall. Mit überwiegender Mehrheit wurde
dem Antrag der FDP/DVP, der Landtag möge den Gesetzesentwurf der Regierung mit der
Vorlage des Verwaltungsausschusses ablehnen, stattgegeben. Bei dieser Entscheidung wurde
von allen Fraktionen erklärt, die Vorlagen brächten keine Reform von Gewicht und müßten
abgelehnt werden, damit wieder Ruhe in die Bevölkerung zurückkehre. Ein weiterer Antrag,
eine aus unabhängigen Sachverständigen bestehende Kommission mit einem Gutachten u.a.
auch über Vorschläge zur Neuordnung der Kreisgrenzen zu beauftragen, wurde an den
Ständigen Ausschuß überwiesen. Die einige Zeit später gebildete Kommission - nach ihrem
Vorsitzenden häufig als »Walzkommission« bezeichnet - kam nach längeren Untersuchungen
zu dem Ergebnis, daß »die derzeitige Größe der Landkreise für zweckmäßig und ausreichend
gehalten werde, um die ihnen obliegenden staatlichen und kommunalen Aufgaben zu erfüllen«.

Für die Einstellung der Bevölkerung ist es bemerkenswert, daß bei dem Versuch der
Neuordnung der Kreisgrenzen Mitte der 50er Jahre fast alle betroffenen Kreise und Gemeinden
an den bestehenden Verhältnissen festhalten und dafür auch manche Nachteile - z.B. weite
Wege - in Kauf nehmen wollten. Eine geplante Umgliederung von einem früheren Land in ein
anderes, von Baden nach Württemberg oder von Württemberg nach Hohenzollern oder
umgekehrt, stieß immer auf Ablehnung. Vieles war eben damals »drüben über der Grenze«
anders: ein anderes Brauchtum, oft ein anderer Dialekt, z.T. auch andere Trachten, häufig eine
andere Konfession und vieles andere mehr. Das alles erschwerte den Zugang zu den Nachbarn
über den Grenzpfählen, von denen sogar noch einige nach dem Zweiten Weltkrieg vorhanden
waren. Als die Landesregierung im Dezember 1969 ein neues, viel einschneidenderes »Denkmodell
zur Kreisreform« vorlegte, fand sie in weiten Bevölkerungskreisen eine ganz andere
Einstellung zu ihren Umgliederungsplänen vor. Die Bevölkerungsstruktur war in den ändert -

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