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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1986/0047
ROBERT KRETZSCHMAR

Leibeigenschaft und Schriftlichkeit der Verwaltung in einem
kleinen Territorium: Die Leibbücher der waldburgischen
Grafschaft Friedberg-Scheer im 16. und 17. Jahrhundert

Mit einer Edition des Leibbuchs von 1511/12

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts - das genaue Datum kennen wir nicht - mußte der
Scheerer Bürger Alexander Geyr Urfehde schwören'. Er hatte Leibeigene des Reichserbtruch-
sessen Wilhelm des Älteren2 (1469-1557) von Waldburg3, die zur Grafschaft Friedberg-Scheer
gehörten, aber außerhalb derselben unter anderen Obrigkeiten saßen, truglich und velschlich
hingeben und verkhaufft, indem er zum Teil die hierzu benötigten Urkunden selbst gefälscht
oder im Namen des Reichserbtruchsessen bei Dritten - vor allem bei dem Magister Sebastian
Hugg, Stadtschreiber zu Meßkirch - in betrügerischer Absicht in Auftrag gegeben hatte. Bis zu
50 fl. in Münz hatte er bei diesen Geschäften erlöst und empfangen. Nach Entlassung aus dem
Gefängnis mußte er nun ein Strafgeld in dieser Höhe an den Truchsessen zahlen und zudem den
verkauften leibaignen leuthen iren truglich und velschlich abgenomen kauffSchilling... mit
barem gelt erstatten.

Wie man dem Verkäufer gefälschter Manumissionen auf die Schliche gekommen war, ist
unbekannt. Die Antwort könnte nicht nur zur weiteren Ausschmückung einer (für die
betroffenen Leibeigenen wohl gar nicht so amüsanten) Geschichte aus dem Alltag der
Frühneuzeit dienen; sie würde zugleich - und damit gewinnt die Fragestellung seriösen
Charakter - einen Einblick in die verwaltungstechnische Kontrolle der Truchsessen von
Waldburg über die leibeigenen Ausleute der Grafschaft Friedberg-Scheer4 geben. Hatten die
betrogenen Leibeigenen die Abgabe der Leibhenne verweigert (was wahrscheinlich ist) und dem

1 Konzept, das vor der Datierung abbricht, im Staatsarchiv Sigmaringen (im folgenden StAS), Dep. 30,
Friedberg-Scheer, Rep. II K. IV F. 34 Nr. 1/2. - Zu Urfehden und ihrem Quellenwert: Gregor Richter:
Urfehden als rechts-, orts- und landesgeschichtliche Quellen. Beobachtungen an Haigerlocher Beispielen
im Staatsarchiv Sigmaringen. In: Zeitschrift für Hohenzol'erische Geschichte 14 (1978) S.63-76.

2 Zu Wilhelm d.Ä. s. Rudolf Rauh: Reichserbtruchseß Wilhelm d. A. von Waldburg. In: Schwäbische
Heimat 9 (1958) S. 223-229 sowie Vochezer (wie Anm.3) Bd. 2, S. 122-306.

3 Joseph Vochezer: Geschichte des fürstlichen Hauses Waldburg in Schwaben. 3 Bde., Kempten,
München 1888-1907 ist als geschlossene Darstellung des Geschlechts noch immer unersetzt, der von
J. B. Sproll nach dem Tode Vochezers fertiggestellte 3. Bd. reicht jedoch nur bis 1667. - Zur um 1525 von
Matthäus von Pappenheim verfaßten Chronik des Hauses Waldburg, die später fortgeführt wurde, s.
Wilhelm Mössle: Fürst Maximilian Wunibald von Waldburg-Zeil-Trauchburg 1750-1816. Geist und
Politik des Oberschwäbischen Adels an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert (Veröffentlichungen der
Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg B40). Stuttgart 1968. S.2 und 31 f.

4 Zur Grafschaft allgemein: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und
Gemeinden. Bd. VII. Stuttgart 1978. S. 407 und 507f. Ältere, jedoch sehr nützliche Literatur: Beschreibung
des Oberamtes Saulgau. Stuttgart, Tübingen 1829. S. 10ff., 185ff., 200ff.; Eugen Schnell: Festschrift zur
100jährigen Jubelfeier der Stiftung des Landschaftlichen Hausarmen- und Schulfonds zu Scheer k. Württ.
Oberamtes Saulgau vom Jahre 1775. Sigmaringen 1874. S. 1 ff.; Beschreibung des Oberamtes Riedlingen. 2.
Bearbeitung. Stuttgart 1923, S. 302 ff. Vgl. auch Hans Erich Feine: Die Territorialbildung der Habsburger
im deutschen Südwesten vornehmlich im Späten Mittelalter. In: ZRGGA67 (1950) S. 244ff. und Franz
Quarthal: Landstände und landständisches Steuerwesen in Schwäbisch-Österreich (Schriften zur südwestdeutschen
Landeskunde 16). Stuttgart 1980. S. 465ff.

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