Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1986/0057
Die Leibbücher der waldburgischen Grafschaft Friedberg-Scheer

wäre76, nicht eingetragen wurden. Offensichtlich wurden die Veränderungen nur sporadisch
und wohl vielleicht zum Teil auch nur im Nachhinein vermerkt, nachdem Diskrepanzen
zwischen dem Leibbuch und den tatsächlichen Verhältnissen aufgefallen waren. Das 1511 als
Inventar angelegte Leibeigenenverzeichnis wurde somit nur im Ansatz und ebensowenig
systematisch wie konsequent von der Hand A als kurrentes Hilfsmittel der Administration
geführt.

Die Nachträge der Hände B und C sind das Ergebnis späterer Versuche, das Leibbuch auf
den aktuellen Stand zu bringen.

Aus einem Nachtrag beider Hände zu einer in Eintrag 36 genannten Leibeigenen geht
hervor, daß die Notizen der Hand B früheren Datums sind: Korrigiert doch C die Angabe von
B sitzt zu Enßlingen mit den Worten aberjetz zu Andelfingen. Während nun die Nachträge der
Hand C eindeutig auf die Jahre 1562/63 zu datieren sind, läßt sich der Entstehungszeitraum der
Nachträge der Hand B, welche nirgends datiert sind, nur grob eingrenzen. Da die Hand B vor
der Hand C tätig war, läßt sich als terminus ante quem 1562/63 festsetzen. Als terminus post
quem steht uns das Jahr des spätesten datierten Nachtrags von der Hand A zur Verfügung (also
das Jahr 1543), da es wenig wahrscheinlich ist, daß zu einem früheren Zeitpunkt eine
Aktualisierung des Leibbuchs von anderer Hand erfolgt war.

Thematisch und im Stil entsprechen die von B im Rahmen eines Sturzes im Nachhinein
angezeigten Veränderungen den Nachträgen von A77. Daß die Notizen von B anläßlich einer
umfassenden Uberprüfung entstanden, zeigt sich sehr schön bei Formulierungen für Fälle, in
denen der Verbleib eines Leibeigenen nicht geklärt werden konnte, wie z.B. waiss nit won.

Entschieden häufiger treten solche Anzeigen ergebnislosen Recherchierens (khanß nit
erfarn)79 oder auch unbestimmte Angaben (sollen alle todt sein)m in den Nachträgen der Hand
C auf. Daß dieselben ebenfalls zu dem Zwecke entstanden, das Leibbuch auf den neuesten Stand
zu bringen, ist somit eindeutig. Der Sturz, bei dem, wie aus den Vermerken hervorgeht,
zahlreiche frühere Leibeigene ihren Freikauf durch die Vorlage brieflicher urkund beweisen
mußten81, läßt sich in diesem Falle präzise datieren: Immer wieder sind erfolgte Fallzahlungen
vermerkt, die in Anlehnung an ein nicht erhaltenes oder noch nicht aufgetauchtes Frevelbuch
notiert worden sind und ausschließlich in den Jahren 1560 bis 1562 eingezogen worden waren82.
Da davon auszugehen ist, daß auch nach 1562 das fragliche Frevelbuch fortgeführt wurde, läßt
sich somit die den Einträgen der Hand C zugrunde liegende Uberprüfung des Leibbuchs auf
1562/63 datieren. Da die Hand C bei weitem nicht zu allen Leibeigenen Nachträge eingetragen
hat und zudem manche Orte völlig unberücksichtigt sind83, ist zu vermuten, daß die
Aktualisierung des Leibbuchs (nicht die Uberprüfung) nur partiell vorgenommen wurde. Mit
großer Wahrscheinlichkeit lag ihr Zweck darin, einen Teil der Daten für eine völlige Neuauflage
- von ihr wird gleich zu sprechen sein - aufzubereiten.

Die Jahre 1562/63 stellen somit die Endjahre für die Benutzung des Leibbuches dar, das
folglich von 1511/12 bis in die Sechziger des 16. Jahrhunderts - also für ein halbes Jahrhun-

76 In einer Urkunde vom 21. Februar 1527 (ebda., Urkunde 316) treffen wir Gordon Lubicher, Sohn des
Wolf Lubicher, als Vogt auf dem Bussen an. In der Eintragung 1 des Leibbuchs, in der Gordon erfaßt ist,
fehlt ein Hinweis auf den Ortswechsel.

77 Vgl. z.B. Eintragungen 19, 21, 27 und 28; einfache Todesvermerke passim.

78 Eintragung 36; vgl. auch Eintragung 258: khanß nit erfarn. - Vielleicht läßt sich der Entstehungszeitraum
der Nachträge von der Hand B enger eingrenzen, wenn einmal die Regesten der Friedberg-Scheerer
Urkunden im StAS indiziert sind und das in den Urkunden greifbare Namensmaterial hierfür herangezogen
werden kann.

79 Z.B. Eintragungen 6, 10, 14 und 18.

80 Eintragung 12.

81 2. B. Eintragungen 19 und 50. - Man ging also auch bei der Überprüfung von Haus zu Haus (vgl. oben
Anm. 60). Die Ausleute wurden von Boten aufgesucht, wie aus dem Nachtrag zu Eintragung 10 hervorgeht.

82 Z.B. Eintragungen 4, 19 und 246.

83 Vgl. z.B. im Leibbuch die Abschnitte 54-80 und 189-237.

55


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1986/0057