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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0021
Gesetzgebung in der waldburgischen Grafschaft Friedberg-Scheer

deren Befolgung scharf in die Familienbande eingeschnitten haben muß. Zur Wahrung von
herrschaftlichen Leibrechten werden die waldburgischen Leibsleute auch verpflichtet, ihre
Kinder beim Erreichen der Volljährigkeit vor dem Ammann als Repräsentanten der Herrschaft
einen Eid über ihren Rechtsstand leisten zu lassen60. Vor Ablegung dieses Eids dürfen
sie auch keine Dienste bei anderen Herren annehmen oder das Friedberg-Scheerer Territorium
verlassen61. Selbstverständlich wird auch die Beherbergung sowie jede andere Form der
Unterstützung von Personen, die sich der Leibeigenschaft entzogen haben, unter Strafe
gestellt62.

Ohne Grund dürften diese Strafandrohungen nicht erlassen worden sein. Zu Beginn des
16. Jahrhunderts müssen die Waldburg damit konfrontiert worden sein, daß sich zahlreiche
der leibrechtlich an sie gebundenen armen leute der Leibeigenschaft zu entziehen suchten63.
Dem wollten sie mit gezielter Strafandrohung und verstärkter Kontrolle - die schriftliche
Erfassung der Leibeigenen in sogenannten Leibbüchern setzt zur gleichen Zeit ein64 -
begegnen.

Aber nicht nur dies, die Intentionen gingen noch einen Schritt weiter: Den Freien wird
untersagt, sich leibrechtlich Dritten zu verpflichten65; fremde Leibherren sollen als Konkurrenten
aus der Grafschaft herausgehalten werden.

Freilich: Die (später erstrebte) einheitliche leibrechtliche Bindung aller Untertanen66 an die
Herrschaft ist noch nicht beabsichtigt, die Statuten von 1510 bzw. 1512 zielen in ihren
Bestimmungen zur Leibeigenschaft noch ganz auf die Abwehr ab, die Abwehr der Entfremdung
und des Entlaufens leibeigener Untertanen und die Abwehr der territorialpolitischen
Mitbewerber und ihres Zugriffs auf die freie Bevölkerung.

Bildung eines Untertanenverbandes

Gleichwohl ist das Erreichen einer einheitlichen Bindung der Untertanen an die Herrschaft
- jenseits von Freiheit und Unfreiheit - eines der zentralen Themen in den Statuten. Das
Bestreben zur Bildung eines geschlossenen Untertanenverbandes ist deutlich zu erkennen. So
haben alle Wehrfähigen, sy seyen aigen, hindersässen oder inwoner nach Erreichen der
Volljährigkeit denselben Eid auf der jährlichen Gerichtserneuerung zu leisten67. Und zur
Kontrolle der in der Grafschaft sich aufhaltenden und der in ihr ansässigen Personen wird ein
relativ detailliertes Melderecht erlassen68. Ohne Erlaubnis des Landesherren darf kein Fremder
länger als eine Nacht privat beherbergt werden69; für die Aufenthaltserlaubnis sind
Ausweise vorzulegen70. Die Wirte werden verpflichtet, alle auffälligen Gäste dem Ammann zu
melden71.

Ein besonderes Alltagsproblem war in diesem Zusammenhang offensichtlich die melde-
und strafrechtliche Behandlung von Dienstboten, Knechten und Mägden (ehalten) aus anderen
Territorien, die in Friedberg-Scheer Beschäftigung gefunden hatten. Sie mußten dem
Ammann vorgeführt werden und geloben, alle Untertanenpflichten zu erfüllen und sich der

60 Statut 14.

61 Statut 16.

62 Statut 13.

63 Vermerke über entlaufene Leibeigene finden sich immer wieder in den truchsessischen Leibbüchern;
vgl. Kretzschmar, Leibeigenschaft (wie Anm. 7) S. 65 ff.

64 Einzelheiten ebd. S. 51 ff.

65 Statut 15.

66 Vgl. Kretzschmar, Leibeigenschaft (wie Anm. 7) S. 58.

67 Statuten 17 und 18.

68 Statuten 19 ff.

69 Statut 20.

70 Statut 21.

71 Statut 49.

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