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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0028
Robert Kretzschmar

z.B. für das Dorf Blochingen erhalten sind120, konnten nicht landesweit vereinheitlicht
werden. Die tief eingewurzelten, eventuell noch nicht einmal schriftlich fixierten örtlichen
Gewohnheiten mußten von der Herrschaft respektiert werden. So nahm man 1512 alle
Bestimmungen, die die bäuerliche Arbeit betrafen, aus der »Landesordnung« heraus. Der
Anstoß dazu kann nur »von unten« aus den Dorfgerichten erfolgt sein.

Zum Verhältnis von Dorf- und Landesordnung in Friedberg-Scheer

Soweit Dorfordnungen aber nicht den Bereich der bäuerlichen Arbeit betrafen, waren sie
mit den Statuten außer Kraft gesetzt, war tatsächlich, wie in vielen Territorien des 16. Jahrhunderts
, das gewachsene dörfliche Recht durch ein nivellierendes Landesrecht ersetzt worden121.
Sehr schön läßt sich dieser Vorgang für das Dorf Blochingen zeigen.

Als die Blochinger Dorf Ordnung am 11. November 1522 von der Herrschaft und dem
Dorfgericht erneuert wurde, wählte man hierfür ein sehr einfaches Verfahren: Ein herrschaftlicher
Beamter numerierte alle Artikel, die ihre lokale Geltung behalten sollten, von neuem
durch, alle übrigen früheren (nicht durch Neunumerierung gekennzeichneten) Bestimmungen
wurden ausdrücklich durch die gemainen Stattuten ersetzt122. Beim Lesen der für ungültig
erklärten früheren Blochinger Artikel fällt auf, daß viele der Bestimmungen Entsprechungen
in der Landesordnung von 1510 bzw. 1512 haben123. Da die Einleitung der Dorfordnung
dieselbe als Der von Blochingen herkomen, gepruch, Satzung und Ordnung bezeichnet, stellt
sich die Frage, wie diese Ubereinstimmungen zu erklären sind.

Geht man davon aus, daß in der Dorfordnung tatsächlich altes Dorfrecht fixiert ist, müßte
man den Schluß ziehen, daß zahlreiche Artikel der Landesordnung auf älteres dörfliches Recht
zurückgehen und bei der Entstehung des Gesetzeswerkes von den beteiligten Gerichten - vor
allem von den Blochinger Richtern - eingebracht worden waren. Diese Annahme würde ja
auch ganz mit der bereits oben formulierten Hypothese harmonisieren, daß viele der Statuten
auf Anstoß der Gemeindevertreter abgefaßt worden sind.

Es gibt aber noch eine andere mögliche Erklärung für die Ubereinstimmungen zwischen
Dorf- und Landesordnung. Ihr liegt die Vermutung zugrunde, daß das Blochinger »Herkommen
«, wie es 1522 aufgezeichnet worden ist, nach 1512 unter Einfluß der Landesordnung
entstanden war124, daß in der Dorfordnung also teils älteres lokales, teils aber auch 1512
geschaffenes »landeseinheitliches« Recht zu greifen ist. Dann wäre die Verdrängung von Dorf-
durch Landesrecht in zwei Stufen erfolgt: Nachdem man in Blochingen zunächst noch eine
umfassende Dorfordnung erlassen hatte, in die das neue Landesrecht eingegangen war,
eliminierte man 1522 alle Artikel aus der örtlichen Satzung, die in der Landesordnung geregelt

120 Vgl. unten im Anhang die Texte 4 und 5.

121 Zu diesem Prozeß vgl. Buckle, Deutsche Untertanen (wie Anm.21) S. 41.

122 Vgl. unten in der Edition S. 48 Anm.a.

123 Vgl. folgende Parallelen:

Blochinger Statuten Blochinger Statuten

Dorfordnung von 1512 Dorfordnung von 1512

von 1522 von 1522

2 84 22 28

3 58 23 29

4 24 24 30

5 1 26 19

6 2 27 68

7 10 35 75
20 20 36 63

124 Ein solches »Herkommen« wäre demnach zwischen 1512 (Publikation der
Statuten) und 1522 (Erneuerung der Blochinger Dorfordnung) geschaffen worden.

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