Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0062
Andreas Zekorn

taloge28, einige Akten aus den Beständen des StAS29 sowie einzelne Zeitungsartikel über den
Bürgerverein. Dagegen war nur eine Mitgliederliste des Bürgervereins aufzufinden30. Die
Protokollbücher, falls überhaupt welche existierten, wurden, wie diejenigen der Museumsgesellschaft
, vermutlich zusammen mit der Bibliothek 1945 vernichtet31. So bestehen notwendigerweise
einige Lücken in den Quellen zum Bürgerverein.

3. DIE ENTWICKLUNG DER LESEGESELLSCHAFTEN

3.1. Der sozialgeschichtliche Hintergrund

Die Ausbildung der Lesegesellschaften fiel in eine Zeit des politischen und gesellschaftlichen
Wandels, eines Wandels von der altständischen zur bürgerlichen Gesellschaft32. Gerade
der Übergang von der Korporation zur Assoziation macht diesen Wandel deutlich. Die alte
ständisch strukturierte Welt stellte ein starres Gefüge dar, in der der Einzelne kraft Geburt
und Stand seinen Platz einnahm. Wer in einer Korporation organisiert war, gehörte dieser
nicht freiwillig, sondern von Standeswegen an. Dagegen war die Zugehörigkeit zu einer
Assoziation vom Individuum frei bestimmt33.

Dieser Prozeß der Individualisierung und Dekorporierung hin zur Assoziationsbildung
hatte verschiedene Ursachen. Trägerschicht der Entwicklung war das neu entstehende Bürgertum
. Zum Kern dieses Bürgertums gehörte die Beamtenintelligenz, die im Dienste des Adels
stand, ebenso die sich ausbreitenden »freien« akademischen Berufsgruppen und »alle diejenigen
, die mit dem Aufschwung der Wissenschaften, der Literatur und der neuen Publizistik
verbunden waren«, und schließlich noch die Träger neuer Wirtschaftsformen und Handelsunternehmen34
. Das neue Bürgertum hatte nur noch wenig mit dem traditionalen handwerklich
orientierten Stadtbürgertum gemein. Auch konnte die neue Schicht nicht mehr vollständig von
der alten sozialen Gliederung erfaßt und integriert werden. Seiner Herkunft nach hatte das
neue Bürgertum einen sozialen Aufstieg hinter sich, dem die realen gesellschaftlichen und
politischen Funktionen in der altständischen Gesellschaft nicht entsprachen35.

Die Bürgerlichen entwickelten völlig neue Interessen und Lebensvorstellungen, vor allem
im kulturellen Bereich. Mit der Aufklärung entstand der bürgerliche Glaube an den Fortschritt
, die Möglichkeit, Institutionen und Zustände zu verbessern und das Individuum durch
Freiheit und Bildung weiter zu entwickeln. Mit diesem Bildungsideal strebten die Bürgerli-

28 Kataloge der Bibliothek des Bürgervereins Sigmaringen von 1898 und 1907 (HBH O 15). Genauer vgl.
unten, S. 110 ff.

29 Hauptsächlich Akten aus den Beständen Ho 235, Ho 199 und Dep. 1 NAK.

30 StAS Ho 199 FOA Nr. 377. Die Mitglieder des Bürgervereins unterschrieben 1844 einen Antrag auf
Änderung der Statuten. Dieses Mitgliederverzeichnis lag mir erst vor, als die Arbeit im wesentlichen
abgeschlossen war. Es wurde versucht, das Mitgliedserzeichnis nach Möglichkeit in die Arbeit einzubauen
, konnte jedoch nicht vollständig ausgewertet werden. Die Untersuchungen und Ergebnisse dieser
Arbeit wurden hierdurch nicht verändert, sondern zusätzlich bestätigt. Alphabetisch abgedruckt ist das
Mitgliederverzeichnis im Anhang.

31 StAS, Dep. 1, NAK Nr. 139.

32 In diesem Kapitel sollen speziell die Entwicklungstendenzen aufgezeigt werden, die hin zu den
geselligen Lesegesellschaften führten. Dabei würde es zu weit führen, auf die ganze Komplexität der
Entwicklung einzugehen. Es wurde zwar versucht, eine möglichst knappe und umfassende Entwicklungslinie
zu beschreiben, doch ist im folgenden immer wieder auf die angegebene Literatur zu verweisen,
die einen guten Uberblick über die Gesamtproblematik bietet. Hingewiesen sei auch auf die Arbeit von
Habermas (wie Anm. 3), die in diesem Kapitel nicht zitiert wird, doch wesentliche Anregungen gab.

33 Nipperdey (wie Anm. 13) S. 179 f.

34 Dann, Einleitung (wie Anm. 2) S. 11.

35 Ebd., S. 11 ff.

6C


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0062