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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0096
Andreas Zekorn

ausgeübt wurden295, mit den Mitgliederverzeichnissen der Museumsgesellschaft, so fällt auf,
daß kaum einer von den hier angegebenen Berufen von einem Museumsmitglied ausgeübt
wurde296. Die Bildungs- und Standesgrenze macht sich bemerkbar. Dagegen rekrutierten sich
die Gründungsmitglieder des Bürgervereins wohl aus diesem handwerklich orientierten
Stadtbürgertum. Auch das Mitgliederverzeichnis von 1844 nennt viele handwerkliche Berufe.

Weiterhin ist aber auch eine Grenze zwischen den Schichten, die der Bürgerverein erfaßte,
und den unteren Bevölkerungsschichten zu ziehen. Wie die Statutenuntersuchung für den
Bürgerverein ergab, wurden nur selbständige Sigmaringer Bürger mit geregeltem Einkommen
und ab einem Alter von 24Jahren als ordentliche Mitglieder aufgenommen297. Unter den
nachweisbaren Mitgliedern befinden sich ebenfalls nur Personen mit einer gesicherten Existenz
und einer relativ hohen beruflichen und sozialen Stellung etwa als Handwerksmeister
und Beamte. Von daher waren sicher einige Bevölkerungskreise von der Mitgliedschaft im
Bürgerverein ausgeschlossen. Hier sind wohl die Gesellen zu nennen, die 1858 einen eigenen
Gesellenverein gründeten298. Geht man weiterhin von der Berufsliste von 1830 aus, so müssen
ferner die Taglöhner unter die »Ausgeschlossenen« fallen299. Auch unter den Berufsangaben
von 1844 finden sich keine als sozial nieder zu bezeichnenden Berufe. Ebenso läßt die
Tatsache, daß sich die allmählich in Sigmaringen herausbildende Arbeiterschaft in einem
eigenen Verein organisierte, den Rückschluß zu, daß der Bürgerverein mehr dem handwerklichen
Bürgertum offenstand300. Noch bei der Auflösung des Bürgervereins 1935 wird eine
Abgrenzung spürbar, wenn die »Selbstauflösung« so begründet wurde:.. .aus der Erkenntnis
heraus, daß... standesmäßig abgezirkelte Vereine keine Berechtigung mehr haben, (hat sich
der Bürgerverein)... aufgelöst*01.

Nach diesen Eingrenzungen kann die mitgliedsmäßige Zusammensetzung des Bürgervereins
genauer mit niederen Beamten (Diurnisten, [Volksschul-] Lehrern), Angestellten (fürstlichen
und städtischen), Handwerkern (Handwerksmeistern), Wirten, Hoflieferanten und
Kaufleuten wiedergegeben werden. Der Bürgerverein umfaßte die gehobeneren, mittelständischen
und handwerklich orientierten Schichten des Stadtbürgertums. Die Mitgliederschaft
entspricht in etwa der mit dem Begriff des »Bürgers« bezeichneten Schicht, im Gegensatz zur
Museumsgesellschaft, deren Mitglieder als »Bürgerliche« zu bezeichnen sind302.

295 »Ihren ehrsamen Beruf übten 1830 hier aus: HSchreiner, HSchuster, 12Schneider, lOMetzger,
10 Weber, 9 Maurer, 8 Zimmermann, 8 Bäcker, 5 Küfer, 5 Wagner, 5 Schmiede, 4 Sailer, 4 Drechsler,

4 Sattler, 4 Schlosser, 4 Kupferschmiede, 3 Nagler, 3 Hutner, 3 Glaser, 3 Stricker, 3 Hafner, 3 Weißgerber,
2 Buchbinder, 2 Rotgerber, 2 Wirte, zugleich Metzger, 1 Kaminkehrer, zugleich Wirt, 2 Brauer, 2 Bauer,
2 Kutscher, 2 Färber, 2 Ziegler, 2 Tapezier, 2 Uhrmacher, 2 Zollkontrolleure, 2 Bediente, 2 Holzwarte,

5 Wirte, 8 Kaufmann, je 1 Büchsenmacher, Säckler, Nachtwächter, Kornhändler, Pottaschensieder,
Kastenknecht, Bildhauer, Koch, Gürtler, Chirurg, Cantor, Goldarbeiter, Zollwart, Bereuter, Kirschner,
Fischer, Tafeidecker, herrschaftlicher Laque und 10 Tagelöhner« (Keller, Ein Beitrag zur Sigmaringer
Familien- und Handwerkergeschichte aus den Jahren 1830 und 1833. In: HVZ, 1924, Nr.200).

296 Wie aus der Mitgliederstatistik der Museumsgesellschaft hervorgeht, waren von den bei Keller
angeführten Berufen 1831 höchstens die 2 Kaufleute im Museum vertreten (vgl. oben, S. 89 ff.).

297 Vgl. oben, S. 85.

298 Pfaff, Die Vereine (wie Anm. 168) S. 140.

299 Auch ein Vergleich der Mitgliederzahlen des Bürgervereins (1843: über hundert) mit den schon 1830
aufgezählten Berufstätigen (206), deutet an, daß der Bürgerverein nicht allen Bürgern zugänglich war.

300 1883 wurde ein »Pfeifenclub« gegründet, aus dem 1923 der »Arbeiterbildungsverein« hervorging.
Pfaff, Die Vereine (wie Anm. 168) S. 148 und 156, vgl. dazu auch unten, S. 126 ff.

301 Verbo. HVZ, 1935, Nr. 305.

302 Vgl. oben, S. 57 Anm. 3 und: S. 62ff.

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