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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0124
Andreas Zekorn

nach der Karte gespeist werden. §5: Das Rauchen im Tanzsaal ist nicht gestattet... §6: Wer
Mißbrauch mit der Eintrittskarte treibt und sie einem Nichtmitglied überläßt, wird nach
festgestelltem Tatbestand ohne Weiteres aus dem Bürgerverein ausgeschlossen50*.

Die Fastnachtsveranstaltungen des Bürgervereins erlangten eine gewisse Berühmtheit und
müssen äußerst liebevoll gestaltet gewesen sein509. Sie standen immer unter einem bestimmten
Motto510. Ein Auszug aus einem Zeitungsartikel über den Ball von 1900 soll zur Illustrierung
dienen: ...Die dargebotene Aufführung war wohl gelungen. Kein Wunder: interessante
Maskenaufführungen sind ja seit einer Reihe von Jahren eine Spezialität des Bürgervereins.
Wer den alten ächten Sigmaringer Fastnachtshumor in seiner Originalität, seinem unerschöpflichen
Erfindungs- und Gestaltungssinn... kennen lernen will, der muß einen Maskenball des
Bürgervereins besuchen. Zur Aufführung gelangte diesmal >Ein Winzerfest'... unter den
Klängen einer 5 Mann starken Dorfkapelle (zogen) die Winzer und Winzerinnen, mit
traubengefüllten Butten auf dem Rücken in den Saal ein und sangen vom Herrn Vorstand
erdachte Winzerlieder und tanzten eigens einstudierte Winzertänze... Der Ball wurde durch
das Erscheinen Sr. Königlichen Hoheit des Fürsten Leopold besonders ausgezeichnet.. .5U.

Insgesamt nimmt sich das Vereinsleben des Bürgervereins gegenüber dem der Museumsgesellschaft
bescheidener aus. Schon aus räumlichen Gründen mußte das Angebot kleiner
bleiben. Zudem hatte der Bürgerverein keinen eigenen Festsaal zur Verfügung, sondern war
gezwungen, verschiedene Säle zu benützen. Hierbei sind auch die unterschiedlichen ökonomischen
Möglichkeiten der beiden Vereine zu beachten512.

Unterschiede zur Museumsgesellschaft ergeben sich auch in bezug auf die den Mitgliedern
verfügbare Freizeit. Dies wird an den unterschiedlichen Öffnungszeiten der Vereinslokalitäten
deutlich. Die Museumsgesellschaft hielt ihre Räume täglich von 8 Uhr morgens an geöffnet.
Der Bürgerverein hingegen öffnete sein Lesezimmer erst um 11 Uhr, und das Unterhaltungszimmer
war nur Mittwoch und Samstag abends und an Sonn- und Feiertagen geöffnet. Diese
Öffnungszeiten, vor allem samstags und sonntags, entsprechen einer Mitgliederschaft wie der
des Bürgervereins, die gerade zu solchen Zeiten Freiraum und Freizeit von ihren beruflichen
Tätigkeiten fand513. Die berufliche Position der Museumsmitglieder, die vor allem wirtschaftlich
und gesellschaftlich gesicherter war, gestattete mehr Möglichkeiten zu Musestunden und
freierer Zeiteinteilung514.

Schließlich ist noch auf die Verhaftung speziell des Bürgervereins in einer Aufklärungstradition
der Lesegesellschaften des 18. Jahrhunderts hinzuweisen, die auch im geselligen Ver-

508 Programm zu dem im F. Museum- und Theatersaale am Montag abzuhaltenden Maskenballe.
Sigmaringen, 1868: StAS, Dep.l, NAK, Nr. 116.

509 Pfaff, Die Vereine (wie Anm. 168) S. 135. Auch bei meinen mündlichen Erkundigungen erinnerte
man sich an den Bürgerverein hauptsächlich wegen seiner Fastnachtsveranstaltungen.

510 Themenkreise waren z.B.: »Rückkehr aus fremden Ländern« (1907); »Die vier schönste Zeiten im
Jöhr« (1909). Gedruckte Plakate in: StAS, Dep. 1, NAK, Nr. 117. Nach dem ersten Weltkrieg sah auch der
Bürgerverein wegen des Ernstes der Lage von Fastnachtsveranstaltungen ab. Erst 1925 fand wieder ein
Fastnachtsball statt (StAS, Dep. 1, NAK, Nr. 116, 117 u. 139).

511 HVZ, 1900, Nr. 42. Ein weiterer Bericht über den Fastnachtsball 1911 (Motto: »Großer boarischer
Kirta«) in: HVZ, 1911, Nr. 42.

512 Vgl. dazu Anhang.

513 Wie stark die Abhängigkeit der Mitglieder des Bürgervereins von ihrem Beruf war und welche
Beziehung damit zwischen Berufs- und Vereinsleben für diese bestand, zeigt auch die Argumentation, mit
welcher der Verein eine Verlängerung der Polizeistunde 1843 forderte: Unter dieser großen Anzahl von
Mitgliedern befinden sich viele, die vermöge ihrer Berufsgeschäfte in der schönen Jahreszeit vor 8'A bis 9
Uhr Abends den Verein nicht besuchen können... unter gegenwärtigen Verhältnissen ist es denjenigen
Individuen sonst unmöglich an den Veranstaltungen des Vereins teil zu nehmen: StAS, Ho, 235, VIII,
F. 4., No.943 (Schreiben vom 21.5.1843).

514 Vgl. hierzu z.B. die Wahl des Dienstags, auf den ein Arbeitstag nachfolgt, als Casinoabend der
Museumsgesellschaft.

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