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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0158
Rainer Loose

seien teils zwischen die Felder, teils zwischen die Wälder eingestreut, die entlegensten
Ackergewanne lägen eine dreiviertel Stunde vom Dorf entfernt, der Albaufstieg sei nirgends steil.
Die Gemarkung werde vom Holzbach, vom Biberbach und von der Langwatte durchflössen und
entwässert. Überschwemmungen träten nur bei Wolkenbrüchen auf, was auf einen wasserdurchlässigen
Boden und Gesteinsuntergrund schließen läßt, wie dies auch durch die Angaben zur
Bodenbeschaffenheit bestätigt wird. Denn in den besseren Klassen des Ackerfeldes (stünde) ein
guter, mit feinem Sand vermengter stark baltiger rötlicher Lehmboden, in den geringen Klassen
teils (ein) schwarzer kiesiger Tonboden, teils Weißlieber Letten mit bläulichen Schiefern vermengt
an. Anders bei Billafingen! Hier wird der Boden der Äcker mit den Angaben vorherrschend
rötlicher kalkhaltiger Tonboden und zum Teil rotes, lettiges, nasses Feld teils Kalkboden und Kies
klassifiziert; die Wiesen hätten einen meistens schweren, tonigen Kalkboden, der in den geringen
Lagen Staunässe aufweise. Im Vergleich dazu erscheinen die Bodenverhältnisse Burgaus in einem
günstigeren Licht. Sowohl das Ackerfeld als auch die Wiesen hätten einen tiefgründigen
Tonboden mit einer lettigen Unterlage, die schlechtesten Lagen der Wiesen wiesen einen
moorigen Boden auf, und ein Teil der Äcker sei stark mit Kies durchsetzt.

Wenn wir aus diesen Katasterbeschrieben eine erste vorsichtige Schlußfolgerung bezüglich
der landwirtschaftlichen Produktion ziehen, dann die, daß geneigte, steile, bei Regen erosionsge-
fährdete Flurlagen mit schweren lettigen Böden einen höheren Einsatz an tierischer und
menschlicher Arbeitskraft erfordern als ebene bis hügelige Reliefabschnitte mit sandigen bis
tonig-mergeligen Böden, die bei nasser Witterung ein besseres Drainageverhalten haben und
daher noch den Pflanzenwuchs infolge der gut belüftbaren Bodenkrume (C02-Austausch)
fördern. Aus diesen Gelände- und Bodenverhältnissen ergeben sich naheliegende Unterschiede
bei den Ernteerträgen, die in unseren Quellen wegen der Steuerberechnungen sehr detailliert
ausfallen. Beispielsweise können in Burgau von einem Morgen Ackerland der ersten Bodengüteklasse
zwölf Scheffel Veesen (= Dinkel) geerntet werden, in Billafingen nur 8 Scheffel und in
Langenenslingen 9Scheffel, d.h. die Ernteerträge liegen in Burgau durchschnittlich um ein
Viertel bis ein Drittel über denjenigen von Billafingen und Langenenslingen. Auch bei den Heu-
und Ohmdergebnissen rangiert Burgau mit 45 Zentnern je Morgen (Güteklasse I) vor Billafingen
mit 36 und Langenenslingen mit 30 Zentnern. Selbst in der niedrigsten Kategorie wird in Burgau
noch zweimal mehr Rauhfutter geerntet als in Billafingen (20 Zentner zu 8 Zentnern), in
Langenenslingen sind es zwei Fünftel weniger (12 Zentner)11. Ausdrücklich wird betont, daß
diese Ernteergebnisse nicht aus voneinander abweichenden Bewirtschaftungsmethoden, etwa
weil in Burgau mehr und häufiger gedüngt wird, resultieren, sondern allein auf natürlichen
Unterschieden des Bodens, des Klimas und des Geländes beruhen. Auch dem Bodennutzungssystem
kann hier keine wesentliche Schuld zugeschrieben werden, da in allen drei Orten die
Dreifelderwirtschaft üblich ist und keine Vierfelderwirtschaft mit differenzierteren Fruchtfolgesystemen
angewandt wird.

Zu entnehmen ist den Akten ferner, daß die praktizierte Dreifelderwirtschaft bereits
Anzeichen von Übergängen zur modernen Mehrfelderwirtschaft mit geregelten Fruchtwechselsystemen
trägt, wenngleich der Anbau weiterhin vom gemeinschaftlichen Flurzwang
behindert wird. Insbesondere wird überall das Brachfeld (Brachösch) teilweise zur Gänze, wie
in Burgau, teilweise bis zu zwei Drittel, wie in Langenenslingen, und zur Hälfte wie in
Billafingen, mit bodenschonenden Feldfrüchten bestellt. An Anbaufrüchten der Brachzeige
werden u. a. Klee und Esparsette, Raps und Flachs sowie Hanf, Erbsen und Wicken genannt.
Auch Kartoffeln werden im Brachfeld von Burgau und Langenenslingen angebaut, in Billafingen
hingegen in besonderen »Ländern«, d.h. in Feldern und Gärten, die nicht in Dreifeldermanier
genutzt werden.

11 Die unterschiedlichen natürlichen und sozialen Gegebenheiten schlagen sich auch in den durchschnittlichen
Grundsteuerertragen pro Hektar nieder. Nach dem Gemeindelexikon für den Freistaat
Preußen von 1925 (Bd. 14, Berlin 1930) beliefen sich die mittleren Grundsteuererträge in Billafingen auf
24.10RM, in Burgau auf 58.17RM und in Langenenslingen auf 39,08RM.

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