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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0167
Die hohenzollerischen Exklaven im Landkreis Biberach

Langenenslingen im Zuge der Hitzkofer Chaussee35. Sämtliche Lagerstätten36 haben schüsseiförmige
Gestalt, was Rückschlüsse auf die alttertiäre Landoberfläche und auf die Genese der
Eisenerze zuläßt. Denn die Ein- und Vertiefungen, die mit tonigem Material im verkarstungs-
fähigen und verkarsteten Untergrund abgedichtet sind, bilden natürliche Sammelbecken für
Lösungen, in denen die eisenhaltigen Verwitterungsprodukte einer tropischen, alttertiären
Umwelt gelöst sind. Nicht zuletzt deshalb haben die Bohnerze einen vergleichsweise hohen
Eisengehalt von bis zu 50%, im Durchschnitt37 etwa 30%. Nachteilig für die Aufbereitung
der Erze erwies sich insbesondere die hohe Beimengung toniger Bestandteile, die auf der
wasserarmen Südalb nur unter allergrößten Schwierigkeiten in speziellen Erzwäschen beseitigt
werden konnten, weshalb die Erze zu wasserreichen Bächen und Flüssen, u.a. zur Lauchert
gebracht wurden. In unseren beiden »Bergbauorten« behalf man sich, da ja wasserreiche,
ständig fließende Gewässer selten sind, mit einfachen Hand-, Setz- und Faßwäschen, die
allerdings nur während der Schneeschmelze und der niederschlagsreicheren Frühjahrsmonate
April/Mai in Betrieb waren. Die Standorte solcher Erzwäschen lagen in den Flurorten
Hirschbrunnen bei Billafingen (je 1 Hand-, Setz- und Faßwäsche) und am »Berg« in Langenenslingen
, wo in je 2 Setz- und Faßwäschen das taube Material von den Erzen getrennt wurde.
Danach transportierte man die gereinigten Eisenerze mit dem Pferdefuhrwerk zur Hütte
Laucherthal, manchmal auch zur Hütte Thiergarten im Donautal.

Eine Vorstellung, um welche Mengen Eisenerz es sich dabei handelte, vermittelt eine
tabellarische Übersicht für die verschiedenen hohenzollerischen »Bergbauorte«. Im Zeitraum
1850 bis 1853 lieferten Billafingen und Langenenslingen insgesamt 33513 Laucherthaler
Kübel38 (= 1598,3t) Erz nach Laucherthal, wobei gut ein Drittel (36,7%) aus Billafingen
stammte. Beide Orte waren am Hochofendurchsatz von 217927 Laucherthaler Kübel
(= 10393,7t) Bohnerz mit knapp einem Sechstel (= 15,4%) beteiligt. Von Langenenslingen
wurde sogar weiteres Erz zur Hütte Thiergarten im oberen Donautal geliefert. Im Durchschnitt
der Jahre 1850/53 belief sich die Menge auf 237,78 Preußische Tonnen (= 216,17t).
Gewonnen wurden diese Erze in Billafingen von 7 bzw. 16 Bohnerzgräbem in Langenenslingen
, die hauptsächlich im Winter arbeiteten39.

Die Erzgräberei wurde demnach in Form eines Zuerwerbs zu einer landwirtschaftlichen
Haupterwerbstätigkeit betrieben, mit bescheidenen Verdiensten. Der Oberbergamtsreferen-
dar Achenbach nennt als Lohn 36 Kreuzer pro zwölfstündiger Schicht, nicht viel, aber im
Zeitalter der frühindustriellen Massenarmut immerhin ein Zubrot für bodenarme Familien,
das diese andernorts durch Gelegenheitsarbeit wohl kaum erhalten hätten. Insofern dürfen die
von der Hütte Laucherthal ausgehenden Impulse auf das Wirtschafts- und Erwerbsleben der
beiden Exklaven als Gewinn und Bereicherung gewertet werden.

35 Maier, 1958, S. 137 zitiert aus dem Entwurf eines Berg-Polizei-Reglements für Hohenzollern von
Achenbach aus dem Jahr 1857, wo dieser berichtet, daß sich u.a. in Billafingen und Langenenslingen
einige Erzgräber schon seit 20-30Jahren mit der Bohnerzgewinnung beschäftigten. Im Gutachten von
1855 nennt er noch als Zeitpunkt des Beginns der Erzgräberei in Billafingen und Langenenslingen ca. 1845
(S. 134 »seit ca. lOJahren«); bei Zillenbiller, 1975, S. 12 in Langenenslingen seit 1806, der hier irrt, denn
im Gemeindearchiv Langenenslingen findet sich ein Bericht von ca. 1855 über die Bohnerzgräberei, dem
zufolge Peter Saupp 1834 als erster die Erzgräberei auf der Gemarkung Langenenslingen betrieben habe
(Akten Nr. 308).

36 Vgl. dazu die Geologische Karte von Baden-Württemberg 1:25 000, Blatt 7821 - Veringenstadt, bearb.
von A. Golwer, Stuttgart 1978; die Bohnerzfundstätten lagen in den Flurorten »Auf dem Erbsfeld« und
»Im Brintau« (= Brenntenhau) von Hitzkofen und »Im hinteren Fohren«, »An der Weithardshalde« und
»An der Stubenhalde« von Langenenslingen; im Hof- und Adreß-Handbuch des Fürstentums Hohenzol-
lern-Sigmaringen von 1844 S. 258 nur die unpräzise Angabe: »in der Nähe findet man Bohnerz«.

37 Laut Achenbach (S.367, Tabelle III) ergeben 100 Pfund Bohnerz 30 Pfund Roheisen.

38 1 Laucherthaler Kübel & 102 württ. Pfund; 1 württ. Pfund ä 467,5866 g.

39 StA Sig., Ho235 I-VI - 983, S.307, Tabelle III; nach einer Übersicht von 1855 ernährten die
16 Erzgräber von Langenenslingen 80 Familienangehörige (GdeA Langenenslingen, Akten Nr. 308).

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