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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0178
Rainer Loose

Gerichtsentscheidungen und weistumsähnlichen Satzungen, die zeigen, in welchem Rahmen
sich das Alltagsleben der Bewohner bewegte, ein Alltag, der von Ordnungen und Verordnungen
, Kennzeichen barocker, absolutistischer Landesherrschaft, geprägt wurde.

Grundlage des damaligen Lebensunterhalts ist, wie in jeder auf Subsistenz gerichteten
Lebens- und Wirtschaftsform, der Besitz von Grund und Boden sowie von Nutzungsrechten.
In welchem Maß die Einwohner Billafingens über Grundrechte verfügten und zugleich von
zusätzlichem nicht-agrarischen Broterwerb abhängig waren, zeigt die der Renovation
zugrunde liegende Katasterbeschreibung sämtlicher grundherrlicher und frei-eigener Grundstücke
. Besitzrechtlich ist die Gemarkung Billafingen unter adelige und kirchliche Grundherrn
sowie bäuerliche Personen und unter die Gemeinde aufgeteilt. Zunächst zu den grundherrlichen
Gütern!

Die vier herrschaftlichen Schupflehen (vgl. Tabelle) hatte Fürst Joseph von Hohenzollern-
Sigmaringen am 9. März 1719 vom Kloster Heiligkreuztal erworben. Damals einigte man sich
nach jahrhundertelangem Streit auf einen Interessenausgleich. Das Kloster erhielt verschiedene
obrigkeitliche Rechte in umstrittenen Ortschaften und die Immunität im inneren
Klosterhof. Im Gegenzug gab die Äbtissin Maria Anna von Holtzing (1690-1722) die vier
Höfe in Billafingen an Hohenzollern-Sigmaringen und zahlte obendrein noch insgesamt
23 000 Gulden (f. 225v/226r) an Fürst Joseph.

Von der Größe her sind die vier herrschaftlichen Schupflehen mit geringen Abweichungen
fast gleichgroße Lehenhöfe mit einem Zubehör von rund 67Jauchen Acker und 6 Mannsmahd3
Wiese sowie je einem Kraut- und Baumgarten. Jedes Schupflehen besitzt ein Wohnhaus
und eine Scheuer auf einer Hofreite, die von einem Hag oder Speltzaun eingefaßt ist und
an die die sogenannte »Gerechtigkeit in Holz und Feld« gebunden ist. Die Schupflehen waren
dem Inhaber auf den »Leib« verliehen, wofür er eine Ehrschatzgebühr von 150 bzw. 250 fl zu
entrichten hatte. Beim Tode des Leheninhabers fiel das Schupflehen an die Grundherrschaft
zurück. Genau besehen hatten die Leheninhaber an ihren Grundgütern und Höfen kein
Erbrecht, sie konnten demnach - zumindest der Rechtstheorie nach - die Güter nicht an ihre
Nachkommen vererben. Wie verschiedene Notizen aber zeigen, hatte in der Praxis diese
lehnsrechtliche Vorschrift keine allzu große Bedeutung, da sie mit Duldung der Herrschaft
durch vorzeitige Auflassung und Weiterverleihung des Lehens an einen der Söhne umgangen
werden konnte.

Weitere Grundherren in Billafingen sind 1748 die Heiligen Nikolaus zu Billafingen und
Mauritius in Langenenslingen. Der Heiligenpflege Billafingen steuern grundrechtlich verschiedene
Gültäcker und Wiesen sowie ein Erblehengütlein, das der Mesnerbesoldung dient.
Das Mesnergut besteht aus Wohnhaus und Scheuer sowie knapp sieben Jauchert Acker und
einem halben Mannsmahd Wiese. Im Gegensatz zu den vier herrschaftlichen Schupflehen darf
der Inhaber - Joseph Widmer - Haus und Feld an seine Kinder vererben.

Der dritte Grundherr, St. Mauritius zu Langenenslingen, ist wiederum eine juristische
Person, die durch die Heiligenpfleger Zacharias Ott und Johannes Wächter aus Langenenslingen
vertreten wird. Das Heiligengut ist 1726 Joseph Müller gegen eine Ehrschatzgebühr von
20 fl verliehen worden. Es heißt das Vierzehnte Heiligenlehen, besteht aus Haus, Scheuer, ca.
52J Acker und 5 Mm Wiese sowie aus einer Gerechtigkeit und ist ein Fallehen, also nicht
vererbbar.

Diesen sechs grundherrschaftlichen Lehengütern, die etwa die Hälfte des Acker- und
Grünlandes bewirtschafteten, stehen 28 bäuerliche Besitztitel gegenüber, die aufgrund der
Holz- und Feldgerechtigkeitenbindungen sich zu 13 landwirtschaftlichen Betrieben unterschiedlicher
Größe zusammenfassen lassen. Die kleinste Besitzeinheit besteht aus einem
Häuslein mit einer Viertel-Allmendgerechtigkeit, die größte aus Wohnhaus, Scheuer, vier
Kraut- oder Baumgärten, 43/2J Acker, 514 Mm Wiese und einer vollen Gerechtigkeit. Der

3 Abgekürzt: J = Jauchert, Mm = Mannsmahd.

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