Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0272
Neues Schrifttum

Bürgern und Friedrich III., eine Fundgrube biographischen Materials zu 30 Familien bzw. Einzelpersonen
(S. 283-358). Genannt seien nur die ausführlichen familiengeschichtlichen Skizzen zur Familie Brisacher
(S. 292-310), die zwei kaiserliche Protonotare stellte, zu den Konstanzer Ehingern (S. 312-320) und zu den
Grünenberg (S. 323-327). Man entnimmt diesen Studien unter anderem, daß der Herrscher seine Stadt
auch mit Kleinigkeiten belästigte, so im Fall einer armen Frau, für die er um kostenlose Aufnahme in das
Bürgerrecht bat. Das zweite kaiserliche Schreiben in dieser Angelegenheit erhielt in Konstanz den
Vermerk »kaiserlich brief von der bösen frowe« (S.351).

Im Anhang finden sich außer den bereits genannten Ubersichten noch Kurzregesten zum Schriftwechsel
zwischen dem Kaiser und der Stadt mit dem Abdruck einiger Stücke sowie Konstanzer Amterlisten.
Sie und der andere Stoff des Buches werden erschlossen durch das Register der Orts- und Personennamen.

Eine Kleinigkeit am Schluß: Zur Auseinandersetzung über den Reichshof Kohlberg (S. 93f.) ist die
ausführliche Behandlung des Konflikts bei W. Setzier: Kloster Zwiefalten, Sigmaringen 1979, S. 45-51,
nachzutragen.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß Krammh Buch einen wertvollen Beitrag zur Reichs-, Landesund
Stadtgeschichte darstellt. Er ist natürlich um einiges besser als die hier eingangs aus dem Zusammenhang
gerissenen »Ergebnisse«. Doch auch deren Dürftigkeit ist noch zu etwas nütze: Sie läßt die Grenzen
eines personalistischen Erklärungsmodells erkennen, das im Hinblick auf das Herrscherhandeln eine
einheitliche, zusammenhängende und kontextunabhängige »Städtepolitik« als Ausdruck einer als konstant
gesehenen persönlichen »Einstellung« vorauszusetzen genötigt ist.

Münster/Westf. Klaus Graf

Klaus Graf: Gmünder Chroniken im 16. Jahrhundert. Texte und Untersuchungen zur Geschichtsschreibung
der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag 1984. 358 S., 20 Abb.

Die Veröffentlichung zeichnet sich durch zweierlei aus: zum einen durch die konsequente Anwendung
von Fragestellungen der neueren Traditionsforschung (der Verfasser nimmt wiederholt Bezug auf
Arbeiten von Klaus Schreiner und Frantisek Graus), indem nach den Trägern und der Funktion
historischer Überlieferungen gefragt wird, und zum anderen durch solide kritische Editionen, die auf
sorgfältigen Handschriften- und Textstudien basieren.

Nach einem Überblick über die erhaltenen Zeugnisse zum Ursprung der Reichsstadt Schwäbisch
Gmünd bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, geht Graf zunächst detailliert auf das Werk des Gmünder
Stettmeisters Paul Goldstainer (f 1590) ein, der eine kurze Stadtchronik verfaßt hat und dessen »Beschreibung
des Überfalls von 1546« ein stadtgeschichtliches Ereignis aus der Zeit des Schmalkaldischen Krieges
schildert. Dem württembergischen Chronisten David Wolleber (um 1555-1597) und der Darstellung der
Gmünder Geschichte in seinen Historienbüchern hat der Verfasser sein drittes Kapitel gewidmet,
während im vierten unter der Überschrift »Gmünder zeitgeschichtliche Aufzeichnungen im 16. Jahrhundert
« z. B. Notizen zu Begebenheiten während des Bauernkrieges oder Nachträge in der Bürgermeisterliste
einer Chronikhandschrift zur Sprache kommen. Schon in diesen Kapiteln greift Graf bei seinen
gründlichen Untersuchungen zu den Verfassern und zur Entstehung der behandelten Texte, ihren Quellen
und Vorlagen, ihrer Überlieferung und Wirkung die Frage nach »ihrem Sitz im Leben«, ihrer Funktion für
die Träger der Tradition auf. Ausschließlich diesem Aspekt ist das anschließende fünfte Kapitel vorbehalten
: »Am Beispiel des Überlieferungsguts der Gmünder Chronistik sowie weiterer Traditionen soll
exemplarisch die Rolle historischer Überlieferungen für das Selbstverständnis städtischer Trägergruppen
und Institutionen seit dem Spätmittelalter aufgezeigt werden« (S. 102). Graf gelingt es dabei etwa sehr
plausibel, die Rolle der Staufertradition bei der sich um den Rat der Stadt gruppierenden Oberschicht als
»Ausdruck unerfüllter Wünsche« zu interpretieren: »Das Selbstbewußtsein Gmünds und seiner Führungsschicht
, gespiegelt in der Staufertradition, blickte auf eine Zeit zurück, als die Stadt noch kein
Fremdkörper der >feudalen Welt< war, als Adel und Bürgertum noch nicht durch gegenseitige Verachtung
getrennt waren« (S. 112). Ebenso einleuchtend deutet er chronikalische Aufzeichnungen der Stadtschreiber
in den städtischen Amtsbüchern als Bemühen, in einer »Art Leumundszeugnis die stets vorbildliche
Politik des Stadtregiments zu dokumentieren.« Und - um nur noch zwei weitere der vielfältigen
Ergebnisse wiederzugeben - familienbezogene Aufzeichnungen bürgerlicher Geschlechter hatten die
Funktion, denselben aus Prestigegründen ein adeliges Herkommen zu verschaffen, während die Behandlung
ruhmreicher Adelsfamilien in der Stadtgeschichtsschreibung das Ansehen Schwäbisch Gmünds
steigern sollte.

270


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0272