Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0277
Besprechungen

Reich« nur eine Seite eingeräumt wird: ein krasses Mißverhältnis. Diese Seite gibt außerdem eine
geschönte Sichtweise wieder. Auf einige Fehler sei hingewiesen. Wie ist der Satz zu verstehen, daß es in
Haigerloch während des Dritten Reiches »nie zu Ausschreitungen gegen die Juden seitens der sonstigen
örtlichen Bevölkerung« kam, »mit der man recht einträchtig zusammenlebte«. Wer ist die »sonstige«
örtliche Bevölkerung? Sind damit die Nicht-Parteigenossen, die Nicht-SA-Männer, die Nicht-...
gemeint? Weshalb wohl wurde die jüdische Schulklasse gezwungen, andere Pausenzeiten festzusetzen als
die andersgläubigen Schüler? Weshalb wohl durften jüdische Kinder nicht mehr zusammen mit den
anderen den Nadelarbeits- und Sportunterricht besuchen wie früher? Weshalb schließlich mußte die
jüdische Schulklasse in ein anderes Gebäude umziehen? Kein Wort über das Novemberpogrom des Jahres
1938 (- den »weiteren Ausschreitungen« zufolge müßten die vorangegangenen beschrieben werden -),
kein Hinweis auf die den Haigerlocher Juden auferlegten ungewöhnlichen Beschränkungen seit November
1939, keine Erwähnung der Familienangehörigen der in Haigerloch geborenen Deportierten. Die
Formulierung »1941 wurden in Haigerloch auswärtige Juden zwangsevakuiert« muß richtig heißen: 1941
wurden auswärtige Juden nach Haigerloch zwangsevakuiert. Die Angabe »sechs« Uberlebende ist falsch.
- Was den vorhergehenden Zeitraum betrifft: Der Ausdruck: zu Hause und »in der Schule« (S. 10) bezieht
sich in seinem zweiten Teil auf die Synagoge, was nicht aufgeklärt wird. Erließ Fürst Friedrich 1724 »auf
Streitigkeiten mit seinen christlichen Untertanen hin« ein Verbot (S. 11) oder aufgrund der Streitigkeiten
seiner Untertanen mit den Juden? Gehört ein Beispiel aus dem Jahre 1930 zum Abschnitt »Die Juden im
Dritten Reich«?

Die Bilder wiegen schwer; die kurze Geschichte der Juden in Haigerloch wird als zu leicht befunden.
Der Leser halte sich besser an die Literaturauswahl.

Hechingen Otto Werner

St. Remigius in Nagold. Volker Roeser: Die Grabung 1961 bis 1964. Ergebnis und landesgeschichtliche
Bedeutung. Horst Gottfried Rathke: Die Geschichte der Pfarrei bis zur Reformation. Hrsg. vom
Landesdenkmalamt Baden-Württemberg. Tübingen: Ernst Wasmuth 1986. Fundkatalog, Befundliste,
zahlreiche Abb., z.T. farbig, Pläne, Karten, mehrere Klapptafeln (Forschungen und Berichte der
Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 9).

1961 bis 1964 fanden in St. Remigius die letzten archäologischen Grabungen statt (1983 eine kurze
Nachuntersuchung) - 22Jahre später werden die Ergebnisse umfassend - und beispielgebend - dokumentiert
. So sehr sich der Leser über das opulent gestaltete und ausgestattete Buch freuen mag, so sehr ist er
gespannt, welche Schätze denn noch in den Archiven des Landesdenkmalamtes schlummern - und hofft
auf weitere Publikationen.

Da nur ein Teil einer größeren Anlage ausgegraben wurde, können die Befunde und ihre Interpretation
nicht endgültig sein. Vier Kirchenbauten (auf den Fundamenten einer römischen »villa rustica«) aus
spätmerowingischer, karolingischer, ottonischer (mit romanischem Turm) und hochgotischer Zeit unterscheidet
Volker Roeser, der die Grabungsbefunde jeder Periode in den jeweiligen landesgeschichtlichen
Zusammenhang stellt. Aus dieser vergleichenden Sicht gewinnt er neue Perspektiven und zusätzliche
Sicherheit in den Aussagen. Grundlage der Arbeit sind die ausführliche Dokumentation, die der damalige
Grabungsleiter Walter Wrede 1970 dem Landesdenkmalamt vorlegte sowie Gespräche, die Volker Roeser,
mit Walter Wrede zur Vorbereitung der Publikation führte. Es ist hier nicht der Ort, die subtilen
Argumentationslinien des Autors zu referieren, die gegenseitigen Verschränkungen von archäologischem
Befund und landesgeschichtlicher Bedeutung aufzuzeigen. Nur: Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig
die personenbezogene Geschichtsschreibung des frühen Mittelalters die Möglichkeiten der Datenverarbeitung
nutzt; systematisch eingesetzt, könnte sie bei der Klärung so mancher Frage hilfreich sein.
Archäologische und landesgeschichtliche Deutung werden durch den Beitrag von Horst Gottfried Rathke
zur Geschichte der Pfarrei gut ergänzt.

Tübingen Uwe Ziegler

275


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0277