Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 12
(PDF, 60 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0014
Hans-Dieter Lehmann

als römischer Föderat am Rhein stehenden Burgunderhäuptling Gundahar.5 Von Stilicho war
den Burgundern die Sicherheit der Grenze am Oberrhein übertragen worden, als er die
römische Rheinarmee zur Sicherung Italiens abziehen mußte.

Städte wie Metz oder Straßburg gehörten dem 413 um Worms entstehenden, kurzlebigen
ersten Burgunderreich genausowenig an wie dem späteren zweiten Reich weiter im Süden.

Die Begleiter Gunthers konnten noch nicht mit historischen Personen identifiziert werden
. Aus den Angaben zu Herkunft und Funktion jedoch, die keinen logischen Zusammenhang
zum Fortgang des Geschehens haben, wird geschlossen, daß sie nicht frei erfunden sind.
Das gleiche gilt für den in v. 618 erwähnten Kimo, Vater des Skaramund und Bruder des
Camalo, und für die Meldung, daß letzterer am Vortag erst mit Ehrengeschenken eingetroffen
sei (v. 583). Ehrengeschenke an germanische Stämme, die die spätrömischen Grenzen schützen
sollten, waren üblich im 4./5. Jahrhundert - für die Frankenzeit gibt v. 583 keinen Sinn. Die
Unterordnung dieser Personen unter den »Frankenkönig« Gunther mag dem Dichter zuzuschreiben
sein.

Kein Gegenargument gegen die hier geäußerte Vermutung über die Gegner Walthers sind
ihre germanischen Namen. Im römischen Dienst, vor allem im Heer, standen viele mit Namen
bekannte Germanen. Bezeichnend - für das Epos wiederum ohne erkennbare Bedeutung und
somit kaum vom Dichter frei erfunden - ist der zweifache Name des Eleuthir = Helmnot. Er
erinnert an eine bei Ammianus Marcellinus berichtete Parallele dazu (Buch 16, 12.25): Bei
Straßburg kämpft 357 n. Chr. der Alamanne Agenarich, der aus der Zeit, als sein Vater
Mederich in Gallien als Geisel in römischer Hand war, den Namen Serapion führte.

Für die Gleichsetzung der »Franken« unter den Begleitern des Gunther mit Weströmern
aus Gallien spricht weiterhin in zwei Fällen die Anspielung auf »trojanische« Abstammung -
bei Werinhard (v. 725) und bei Hagen (v. 28). Eine Herkunft aus Troja behauptet die Sage
sowohl für die Römer als auch für die Franken, die sich als deren Rechtsnachfolger betrachteten
.

Daß im britischen Waldere-Fragment statt der »Franken« die »Burgunder« stehen, zeigt
die Unsicherheit auf. Der süddeutsche Verfasser des mittellateinischen Epos hat sich für die
Franken als die plausiblere Zuordnung entschieden. Die »Burgunder« des Waldere-Lieds
entstammen vielleicht dem Nibelungenlied mit den dort burgundischen Helden Gunther und
Hagen. Ebenfalls aus späterer Zugehörigkeit - zum zweiten Burgunderreich - erklärt sich die
Unstimmigkeit im Auftakt des Walthari-Lieds: Cabillonum (Chalons-sur-Saöne) war nie Sitz
eines Burgunderkönigs, wohl aber schon in römischer Zeit ein wichtiger Ort mit Truppenstationierung
und Flußhafen.

Die Geiseln entstammen vornehmen Familien aus verschiedenen Teilen von Gallien:
Hildegund aus Cabillonum in der Lugdunensis, Hagen nach der Sage vom Oberrhein.6 Die
Zuordnung Walthers und seines Vaters Alpher nach Aquitanien ist dagegen dichterische
Freiheit beziehungsweise Unkenntnis. Da die Heimat des Helden als Land von der politischen
Landkarte verschwunden war, hat es Walther in anderen Sagen weit verschlagen (vgl. Anm. 2):
im Nibelungenlied bis nach Spanien. Im altfranzösischen Rolandslied erscheint er sogar als
»Hun«. Vielleicht ist dies sogar nicht so abwegig (vgl. unten) - »Hunne«, »Heune«, »Hüne«
ist eine germanische Bezeichnung für Nichtgermanen. Erst spät verengt sich die Verwendung
des Namens auf das asiatische Steppenreitervolk, für welches sich schon in frühen chinesischen
und indischen Schriften der zufällig gleichlautende Name »Hun« findet.

5 B. Schmidt in: Die Germanen - Geschichte und Kultur der germanischen Stämme in Mitteleuropa.
1983, Bd. 2, S.341, S. 362 ff.

6 Zur Stellung von Geiseln vgl. Gregor von Tours (III 15): »multi tunc filii senatorum in hac obsidione
dati sunt.«

12


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0014