Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 53
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0055
Die niederadelige Herrschaft Glatt

chen Umstand ist eine Jahresrechnung der Glatter Heimbürgen von 1548/49 erhalten155. Sie
gibt über die Stellung der Rechnungsführer Aufschluß, wir erfahren, woher einige Einnahmen
der Gemeinde stammten und welche Arbeiten im Dorf anfielen. Könnte man über die Zeiten
hinweg die noch wenig umfänglichen Rechnungslegungen verfolgen, gewänne die Forschung
farbigen Einblick in die Entwicklung des Dorfes als Lebens- und Wirtschaftsraum.

In den genannten Jahren waren Jakob Kern und Melchior Reich Heimbürgen zu Glatt.
Ersterer von beiden gehörte schon 15 Jahre zuvor in den Kreis der dörflichen Oberschicht
(siehe unten). Am 3. Mai 1549 schlössen sie ihre Rechnung.

Die Einleitung im Rechenschaftsbericht der beiden Heimbürgen verrät die Stellung der
beiden Amtspersonen, die sie innerhalb ihres Dorfes und der Herrschaft haben: Wir Nachbe-
nempttenn Jakob Kern und Melchior Reich, baide Zu Glatt Gesessen, Als vonn Oberkhaitt
wegenn gesetzte unnd verordnette Heimburgen, haben auff heutt dato unnsers ausgebenns
unnd Einnemenns von dem Maytag verschienen Achtunndvirtzigstenn jars her biß auff denn
Maytag des jetzt lauffenndenn Neun unnd virtzigstenn Jarß, Rechnung auffzaichnenn lassen,
wie Nachvolgtt. Beschehen auff deß Hayligenn Kreutztag der Erfindung, den 3. tag May
Anno 49.

Zwischen dem l.Mai 1548 und 1549 erstreckte sich also das Rechnungsjahr. Beide
Heimbürgen waren gegenüber ihrer Gemeinde in der Verantwortung, doch viel mehr kontrollierte
die Herrschaft über beide Männer die Finanzen und die besoldete Tätigkeit im Ort. Man
kann vermuten, daß die Gemeinde zuerst bei der Herrschaft anfragte, bevor sie Pläne, wie den
Bau einer Brunnenstube156, verwirklichen konnte. Im erwähnten Zeitraum errichtete der
Maurer des Dorfes die Wasserstube und erhielt 29 Schilling Lohn, ferner das Essen während
der Arbeiten im Steinbruch und am Gebäude. Außerdem zahlte man dem Maurer nochmals
16 ß. Die Steine, die gebrochen werden mußten, stammten wohl aus dem »neuen Steinbruch«,
der in Reinharts Zwing- und Bann-Beschreibung im Urbar auf Seite 20r erwähnt wird157. Als
oberstem Grundherrn der Herrschaft lag es an ihm, die Brunnenstube zu genehmigen oder
abzulehnen, da Reinhart über das Material zum Bau des künstlichen Wasserbehälters verfügte.
Auch der Schmied bekam im Rahmen der »infrastrukturfördernden Investition« Arbeit, da er
eiserne Verbindungsstücke für die hölzernen Wasserrohre anfertigen mußte. Der Zimmermann
Jacob fertigte die Rohre, Deichein genannt. Er erhielt zum Essen und zum Lohn 15
Heller für einen halben Tag. Der Schmied wurde für seine Tätigkeit und für etliche Nägel, die
am Hirtenhaus gebraucht wurden, mit vier Schilling belohnt.

Gemeindearbeiter gab es damals wohl noch nicht in diesem heute gebräuchlichen Sinne,
doch genügend arme Leute, die auf öffentliche Arbeiten angewiesen waren. Die Heimbürgen
vermerkten: Item, als eine gemeind gefront, verzert 3ß. Aus der Gemeindekasse gab man
diesen Betrag, da wohl auch Arbeiten für die Belange der Gemeinde zu tun waren. Eventuell
sogar für die Wasserversorgung.

Die Heimbürgen achteten indessen auch auf die örtlichen Traditionen und gaben diesbezüglich
Geld aus, wenn es ihnen notwendig erschien:

155 StAS Ho 163 Akten Nr. 61.

156 Hermann Fischer: Schwäbisches Wörterbuch. Bd. 6. Tübingen 1924. Sp. 497. - Die Stelle, an der
das Wasser zur öffentlichen Wasserversorgung in Glatt gefaßt wurde, läßt sich vielleicht mit Hilfe
folgenden Hinweises aus dem Urbar von 1534 (wie Anm.58) pag. 21 v: Item ein (herrschaftlicher) Gart,
genannt der Acker, jenseits der Glatt gelegen... stoßt oben an Neunecker Steig... und stößt unterhalb an
Junker Heinrich von Neuneck gärtli, gen. das Äckerlein, da der gemeine Dorfbrunnen in steht. Und sind
alle darob gelegene abgegangene Weingärten zum Teil erstgedachtem Herrn Reinharten und zum Teil
Junker Hans Oswald von Neuneck. - Sie befindet sich heute noch am Hause mit dem Mühlrad in der
Breite Steige Nr. 1.

157 Siehe dazu die Beschreibung in diesem Beitrag S. 43.

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