Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 54
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0056
Wolfgang Hermann

- Item, als man in der Krützwochen158 das Hailthumb zur Kilchberg hau hoelenn lassen, hatt
der selbig, so sollichs pracht unnd andere, wie dann von altters her gewesen, verzertt unnd
darauf/gangen, thuett in Summa IIb lß.

Dieses »Heiltum« bestand aus Reliquien, welche noch in der Zeit des Klosters Muri große
Verehrung in der Bevölkerung fanden. Was Franz Xaver Hodler davon erfuhr, sei an dieser
Stelle wiedergegeben159. Spätmittelalterliche Quellen scheinen ihm nicht bekannt gewesen zu
sein. Er sagt nur, daß diese Reliquien später in das Kloster Kirchberg gekommen wären. Einen
Zeitpunkt der Übergabe nennt Hodler in seiner Oberamtsbeschreibung nicht. Diese muß aber
der Heimbürgenrechnung zufolge lange vor Anfang des 16. Jahrhunderts erfolgt sein. Das
Kloster durfte die Reliquien unter der Bedingung aufbewahren, »daß sie alljährlich am dritten
Sonntag der Fastenzeit nach Glatt gebracht würden zu einem Umritt um die Felder der Glatter
Bahn, wozu der Bürgermeister von Glatt am vorausgegangenen Sonntag an den Beichtvater in
Kirchberg besondere Einladung ergehen ließ. Die Heiligtümer wurden mit Kreuz und Fahne
auf dem Markt (gemeint ist wohl der Platz für den Jahrmarkt in Glatt) abgeholt. P. Cölestin
Kaufmann, Pfarrer in Glatt, berichtet darüber 1727: »Während dieser Zeit waren die Reliquien
in einem Kästchen aufbewahrt, und das Kloster hatte darüber ein Inventar angefertigt160. So
sollen sich darin Uberreste von Johannes des Täufers, der Apostel Andreas und Bartholomäus,
des Märtyrers Cyrillus, des Papstes Silvester, des Heiligen Petrus Martyr, des Thomas Becket,
Bischofs und Märtyrer, der Frauen Barbara, Cäcilia, Kunigunde, eines Konrads und ein
»Ärmel« (Ärmchen) von einem »mirakulösem Jesuskind« befunden haben.

Wir wissen nicht, welche Reliquien 1549 mitgeführt wurden. Ebensowenig, wer (von der
Herrschaft?) diese Heiltümer erworben hatte. Die Ursache der Überführung ins Frauenkloster
Kirchberg, die vielleicht zur Zeit der Reformation erfolgt war, ist uns ebenso unbekannt.
Der Brauch, die Reliquien einmal im Jahr nach Glatt für eine Bittprozession zu bringen,
wurde 1804 von Pfarrer Hasel abgeschafft. Ein Jahr zuvor hatte sie unter dem Statthalter
P.Basilius Hausherr und dem Pfarrer P.Martin Faßbind zum letzten Mal stattgefunden161.

Über andere Bräuche - so wahrscheinlich auch als frühester Nachweis über ein Fastnachtstreiben
in Glatt - entnehmen wir nachstehende Notizen:

- Item, umb den Kuechen, so ain gmaind zu glatt denen von Sultz am Newen Jars tag wie von
altters her gesendet, Gebenn dem Beck 10 Batzen

- Item meher ein gemaind an der pfaffenn faßtnacht162 bey einander gewest, als der pfarher
das küechle gebenn hatt an den Zech brosenn, haben wir haimburgen wie von altterß, damit
niemands zu deuer khome, gebenn 5ß

- Als die Marksteine in der Gänsewiese neu gesetzt wurden, trank man... von ain stain ain
halbmaß weins 4 ß

Da die genannten Heimbürgen nicht schreibkundig waren, ließen sie ihre Angaben niederschreiben
. Möglicherweise bedienten sie sich eines Kundigen, der bei ihrem Herrn angestellt
war163. Während dieser Niederschrift genehmigten sie sich ein Mahl von 14 Vi Hellern164.

158 Kreuzwoche: von »vocem jocunditatis« (v. Sonntag nach Ostern) bis Mittwoch, evtl. Samstag
danach. - Hermann Grotefend: Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters in der
Neuzeit. Hannover 1971". S. 72.

159 Hodler (wie Anm. 29) S. 302.

160 Hodler gibt die Quelle nicht an.

161 Vgl. ebd.: S. 302.

162 Pfaffenfastnacht ist der Sonntag vor Fastnacht, auch die Herrenfastnacht. - Hermann Fischer:
Schwäbisches Wörterbuch. Bd. 1. Tübingen 1904. Sp. 1000.

163 Als einen Rechner und Schreiber für Reinhart von Neuneck vermerkt das Repertorium (wie
Anm. 123), Eintrag Nr. 117 pag. 42 r einen Joseph Kirschner.

164 Dazu vermerkt Theodor Knapp: Neue Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte des würtembergischen
Bauernstandes. Aalen 1964. Bd. 1. S. 103: »Besoldungen übrigens in sehr bescheidener Höhe, bezogen

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