Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 64
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0066
Wolfgang Hermann

Publication) und Matheis Traub (als Zeuge im Nachwort des Urbars). Mit ihrer Aussage
anerkannte die ganze Gemeinde, daß sie als Angehörige der Herrschaft Glatt einen Herrn über
sich haben, der jederzeit über sie gebot und sämtliche Entscheidungen der Gemeinde erlauben
oder ablehnen konnte. Damit verzichteten die Bauern darauf, jemals die gleichen Forderungen
wie 1524/25 zu erheben210. Diese hatten ja den Glatter Galgen seinerzeit niedergerissen.

Der Abschnitt »Oberkait-Herrlichkait und Gerechtsame«, welcher in seinem Urbar auf
Seite 4v beginnt, stellt Reinharts Verbundenheit mit Kaiser Karl V. heraus. Danach besaß allein
er das Herrschaftsprivileg durch kaiserlichen Beschluß. Der Bruder Hans Oswald wurde an
den nachgeordneten Platz eines Stellvertreters in der Führung der Herrschaft gerückt. Diese
einleitenden Worte spiegeln jedoch Verhältnisse wider, die über die enge Herrschaft hinausreichten
und die allgemeine Lage der Ritterschaft in Schwaben betrafen. Was Reinhart an
dieser Stelle betonen ließ, war nichts anderes als seine Unabhängigkeit bzw. sein Wille, sich
gegen die benachbarten Landesherrschaften Württemberg, Zollern und Hohenberg als eigenständig
und reichsunmittelbar abzuheben. Mehrere Privilegien unterstützten Reinharts Stellung
:

1. Am 13. März 1521 gewährte Kaiser Karl den Herren Reinhart und seinen Brüdern Wildhans
und Hans Oswald, in Glatt den Galgen aufzurichten. Gleichzeitig gab ihnen der Kaiser

2. das Recht auf die Abhaltung eines Jahrmarktes an dem auf Martini folgenden Sonntag2".

3. Reinhart von Neuneck war aus der Zuständigkeit des Rottweiler Hofgerichts herausgenommen
und anderen Landesgerichten nicht unterworfen. Er durfte außerdem seine Leute (von
Rottweil) abfordern.

4. Reinhart war erlaubt worden, Bergwerke anzulegen212.

5. Er und sein Bruder waren berechtigt, für die Floßpassage auf der Glatt einen Zoll von
20 Kreuzern je Floß zu erheben213.

Reinharts politische Stellung am oberen Neckar war durch kaiserliche Gunst sehr stark.
Doch wirtschaftlich gesehen war die Herrschaft ohne Mittelpunkt. Das Münz- und Maßsystem
der österreichischen Grafschaft Hohenberg galt für die Herrschaft Glatt, und diese
blieb auf die Märkte in Horb und Rottenburg angewiesen. Nun wäre zu prüfen, ob Reinhan
von Neuneck zur landsässigen oder Reichsritterschaft gehörte.

Landsässig zu sein, hätte für die Herren von Glatt bedeutet, für ihr Territorium und für
sich als Person entweder dem Herzog von Württemberg oder dem von Österreich für die
Grafschaft Hohenberg untertänig zu sein. Konkret hätte dies bedeutet, daß der Ritter
Landessteuern entrichtete und Erbhuldigungen geleistet hätte214. Außerdem träfe für Reinhan
von Neuneck die Bemerkung Hellsterns zu: »Auch haben die Ritter vor dem Landesfürsten
außer in Lehenssachen nicht Recht gegeben und genommen. Dies ergibt sich aus der
Zugehörigkeit der meisten württembergischen Vasallen zum St. Georgenschild von 1488. Die
Mitglieder dieser Gesellschaft waren verpflichtet, ihre Streitigkeiten vor den austräglichen
oder ordentlichen Richter zu bringen. Nur Lehensstreitigkeiten wurden an den Lehensherrn215
verwiesen«216.

Mit den Grafen bzw. späteren Herzögen von Württemberg standen die Herren von
Neuneck schon frühzeitig (mindestens seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts) in einem

210 Hierzu s. Kap. Leibherrschaft.

211 StAS Ho 163 Urk. Nr. 51.

212 Wie Anm.58 pag.4v-6.

213 StAS Ho 163 Urk. Nr. (63) und Urk. Nr. 56.

214 Dieter Hellstern: Der Ritterkanton Neckar-Schwarzwald. 1560-1805 (Veröffentlichungen des
Stadtarchivs Tübingen 5). Tübingen 1971. S. 24.

215 Lehensherren der Herren von Neuneck waren die Grafen bzw. die Herzöge von Württemberg. Das
Dorf Glatt war jedoch Allod der Neunecker. Osterreichische Lehen sind nicht bekannt.

216 WieAnm.214.

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