Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 83
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0085
Die niederadelige Herrschaft Glatt

betrieb er ernsthaft seine Vorbereitungen zum Aufbruch302. Schon sein Ersuchen um die
Bewilligung des Waffendienstes und seine Bemühungen, Ordnung zu schaffen, beweisen, daß
die Nachrichten über europäische Ereignisse ihren Weg nach Dettingen und Glatt fanden. Die
sogenannte »Schweizerstraße« von Schaffhausen nach Pforzheim kreuzte bei Horb den
Handelsweg, der von Augsburg über den Kniebis nach Straßburg führte.

Ob der gewonnene Söldner oder Reinhart von Neuneck damit rechneten, sich nach dem
Kriegszug wieder einander zu begegnen, ist ganz und gar ungewiß, aber die weiteren
Bedingungen Reinharts zeigen, daß er mit allen Möglichkeiten kalkulierte: Nämlich dergestalt,
so gedachter Wilhalm Wider kumb, daß er wider in der Verschreihung steen soll, In allen
puncten, wie jetz, desgleichen seine bürgen in der burgschaft beleiben, vermegs der Verschreihung
, wie wir dan uns vorgedachten Wilhalm, auch wir die bürgen zuthun bewilligt haben...
Daraus müssen wir schließen, daß auch am 2. Juli 1541 eine neue Bürgschaft vom bekannten
Kreis übernommen worden war. Es kann auch angenommen werden, daß die Bürgen den
Antrag auf Kriegsdienst gern gestellt haben, da wohl nur so der Frieden in Dettingen sicherer
war.

Es zeigt sich aber auch an dem Falle Wannenmacher, daß Reinhart von Neuneck und sein
Bruder nicht gewillt waren, ihre gerichtsherrlichen Rechte auf Strafverfolgung aufzugeben
und Amnestie zu gewähren.

4. Kapitel DIE UNTERTANEN
4.1. Die Leibherrschaft

4.1.1. Das Wesen der Leibherrschaft

Die Gleichheit aller Menschen ist heute ein allgemeiner Rechtsgrundsatz. Dieser ist,
gemessen an der Dauer der Menschheit, noch sehr jung. Erst die französische Revolution von
1789 verhalf diesem Grundsatz zu größerem Durchbruch. Die verfassungstheoretische Gültigkeit
erlangte der Gleichheitsgedanke des Menschen erst durch die Revolution von 1848/49
in Deutschland. Bis dahin, war die Gesellschaft auf mehrfache Weise durch Schranken
voneinander getrennt. Nach Schichten, oder wenn man will, nach Klassen, gliederte sich die
Gesellschaft folgendermaßen: In

1. den regierenden Adel,

2. die an Sitte und Frömmigkeit mahnende Kirche,

3. die arbeitenden Bürger und Bauern,

4. die seit dem 19. Jahrhundert schuftenden Arbeiter.

Die politische Mitwirkung an den Staatsgeschäften war nur der 1.-3. Schicht in abgestufter
Weise zwischen 1815 und 1848 ermöglicht worden. Daneben waren die Menschen bis in die
40er Jahre des 19. Jahrhunderts in freie und unfreie Personen gruppiert.

Für die Menschen des gesamten Mittelalters war die Unterscheidung in Freie und Unfreie
am gravierendsten. Leibeigen und damit persönlich unfrei zu sein, bedeutete für sie konkret,
auf Lebenszeit mit ihrem Leibherrn verbunden zu sein. Sie waren gleichsam an den Ort, an
dem sie geboren wurden, gefesselt. Die Leibherrschaft band den Untertan an den Willen des
Leibherrn. In einzelnen Fällen jedoch war es möglich, daß ein Höriger aus der Leibeigenschaft
von seinem Herrn entlassen wurde, sofern die Umstände dem Leibherrn dazu rieten. Die
Anmerkung 203 berührt den Fall des Hans Hofer aus Mühlheim am Bach. Beispiele aus
Urkunden der Herren von Liechtenstein und Weitingen zu Ende des 14. und zu Anfang des
15. Jahrhunderts lassen erahnen, wie wenig der Untertan als Mensch geachtet wurde.

302 St AS Ho 163 Urk. Nr. 95.

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