Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 92
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0094
Wolfgang Hermann

Für den Heiligen forderte die Heiligenverwaltung von Glatt die Leibsteuer, von alters her
für Mann und frawen, ist ain nambhafter Pfennig, jarlich den pflegern uff Martini zu richten.
Was den Hauptfall anlangt, so stellte sich diese in die übliche Reihe der Fordernden: das beste
Rind oder das Vermögen, von ainem weih das Klaidt, so sy am Sontag tregt, oder nach
mässigung der oberkhait und gebruchs. So trugen die Verstorbenen zum Unterhalt der
Kircheneinrichtung bei.

Nachdem Reinhart nahezu alleiniger Grundherr in der Herrschaft geworden war, nachdem
er etliche Leibeigene mithinzugekauft hatte, regulierte er die Leibeigenschaftslasten seiner
und seines Bruders Untertanen neu und präzisierte sie322.

Wie es sich noch in Einzelfällen herausstellen wird, kann nicht angenommen werden, daß
alle Lehensträger auch gleichzeitig Leibeigene von Reinhart bzw. Hans Oswald waren. Es
gaben

- die Männer: eine »Leibsteuer« in Höhe von 3 ß hlr pro Jahr. Reinharts Urbar nennt die
Namen von 24 Männern in Glatt, von 14 in Dürrenmettstetten und von sieben in Dettingen.
Unter der Voraussetzung, daß sie alle dem Ritter Reinhart und Junker Hans Oswald zu
eigen waren, ergibt sich ein Gesamtbetrag von 135 ß hlr = 6lb 15 ß als »Mannsteuer«3221.

- Die Frauen: eine Leibsteuer in Form einer Fastnachtshenne. Im allgemeinen reichten die
Mädchen von ihrem heiratsfähigen Alter bzw. von ihrer Geschlechtsreife an die Leib- bzw.
Fastnachtshenne322b. In Glatt verzeichnete Reinhart für sich 22 Mädchen und Frauen, in
Dürrenmettstetten 14 und in Dettingen fünf, zusammen also 41. Außer diesen lebten sicher
auch noch andere weibliche Personen in der Herrschaft Glatt, die im Urbar namentlich
nicht erscheinen. Solche Personen zählten zu den dörflichen Unterschichten, und ihre
Existenz wird nur durch Gerichtsurteile bzw. durch geschworene Urfehden belegt.

Das Urbar enthält keine gesonderten Aufstellungen darüber, wer alles zur Zahlung der
Leibsteuer bzw. zur Reichung der Leibhenne verpflichtet war. Aufgrund des Urbars allein
können wir Reinharts Leibeigene benennen. Und dies wiederum nur durch die Angabe der
Leibhenne, die aus einem Gut zu reichen war. Diese Nennung steht neben den übrigen
Lehenszinsen mit den grundherrlichen und vogteirechtlichen Gülten. In der Regel wurde pro
Haus nur eine Fastnachtshenne gereicht. Mehrfache Reichungen kamen vor bei Stefan Haug
und Theis Müller, und zwar mit zwei Leibhühnern. Jakob Kern und Marx Pfaff hatten
zusammen ein Gut, und jeder von ihnen gab eine Leibhenne. Wem die Frauen der dörflichen
Unterschichten mit Leibherrschaft verbunden waren, bleibt uns vorerst verborgen.

Wegen den Haushalten, aus denen Reinhart keine Leibhenne erhielt, sehen wir uns zu
mehreren Fragen gezwungen:

a) Lebten dort alleinstehende und unverheiratete Männer?

b) Waren diese Männer Witwer?

c) Waren deren Ehefrauen einem anderen Leibherren zugeordnet?
322 Wie Anm. 58 pag. 9v-12r.

322a Der Betrag von 3 ß entsprach in seiner Höhe auch der Abgabe in den benachbarten württ. Ämtern -
Wie Anm. 305 S. 84.

322b Im Schwabenspiegel (Zit. nach Johann Adam Kraus: Aus dem Schwabenspiegel. In: HH7, 1957,
S. 53) wurde bezüglich der Mädchen festgehalten: »Wenn man ein Kind ins Kloster gibt, das unter sieben
Jahren ist und geht unter vierzehn Jahren wieder heraus, so behält es Landrecht und Lehenrecht und alles,
was es erben soll, als ob es nicht »gemünchet« hätte. Dasselbe gilt von einem Mädchen unter zwölf Jahren.
Begibt sich aber ein Knabe über vierzehn Jahre ins Kloster, so verliert er Land- und Lehenrecht und alles
Erbteil. Seine Lehen sind dem Herrn heimgefallen, und das Übrige erhalten seine nächsten Verwandten.
Das Gleiche gilt von einer Jungfrau über zwölf Jahren. Leugnen sie, sie seien noch nicht zu diesen Jahren
gekommen, so soll man sie selbdritt überzeugen von Seiten der Eltern oder Verwandten, die schwören
können, so haben sie ihr Recht verloren. Hat ein Knabe Haare unter der Nase oder Achsel, so gilt er als
vierzehnjährig...«. Vom Kloster St. Georgen im Schwarzwald wird überliefert, daß es alle Knaben mit 12
Jahren schwören ließ, ohne Erlaubnis des Abtes nie außerhalb der Genoßsame zu »weiben«. Zit. bei
Müller (wie Anm. 306) S. 26.

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