Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 122
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0124
Leopold Stierle

Bildungsstand, ihren pastoralen Eifer und ihren sittlichen Lebenswandel. Wir erfahren, wer
das Besetzungsrecht der Pfarrstelle hatte und ob die jeweiligen Inhaber der Stelle auch
ordnungsgemäß eingesetzt - investiert - wurden. Die Protokolle von 1608 und aus späteren
Jahren bringen außerdem ausführliche Angaben über die wirtschaftliche Ausstattung der
Pfründen und nennen die Hochschulen, an denen die Geistlichen ihre Studien absolviert
hatten.

Die Pfarrer auf den Dörfern, Welt- und Ordensgeistliche, lebten gewöhnlich mit Haushälterinnen
in eheähnlichen Verhältnissen zusammen und hatten von diesen auch Kinder. Es
wäre aber sicher falsch, wenn wir diese Verhältnisse ohne Berücksichtigung der Zeitumstände
beurteilen und bewerten wollten.

Für unser Thema ist das Protokoll der Visitation des Landkapitels Ebingen von Interesse,
in dessen Grenzen Beuron und die meisten Pfarreien lagen, über die Beuron das Besetzungsrecht
innehatte. Dieses Protokoll ist im Gegensatz zu anderen nicht datiert. Aus guten
Gründen kann es aber in die Zeit um 1575 angesetzt werden.

Die Blätter 351-353 der Handschrift enthalten, nach Archidiakonaten geordnet, ein
Verzeichnis der Dekane, 50 auf der Herren Statthalter und Räte Ausschreiben den 14. 1. 1578
entweder persönlich oder durch ihre Bevollmächtigten allhie zuo Konstanz ankommen sind.
Dort heißt es: Herr Cunradt Knupfer, Pfarrherr zu Benzingen und Dekan des Landkapitels
Ebingen ist seines hohen Alters wegen nicht persönlich hier gewesen, sondern hat den
Kammerer Joachim Weih, Pfarrherr zu Stetten am kalten Markt beauftragt. Von späterer
Hand steht am linken Rand der Vermerk: Sein [des Dekans] Nachfolger war Othmar Reiser,
Pfarrer in Obernheim. Darf aus diesem Verzeichnis geschlossen werden, daß das Protokoll
über das Ruralkapitel Ebingen vor 1578 erstellt worden ist? Pirzschelin ist 1572 nach
Deilingen gekommen. Die nächste Visitation des Kapitels Ebingen hat 1581 stattgefunden.

Nach dem Protokoll von ca. 1575 residierte in Deilingen, wozu auch Deikhofen und die
Kapelle am Fuße der Burg Oberhohenberg gehörten, der Pfarrer Bartholomäus Burtschelm.
Von seiner Haushälterin hatte er ein Kind. Die Uberprüfung der Handschrift in Karlsruhe hat
ergeben, daß der Name richtig Bürtschelin lautet. Mit Fug und Recht kann man deshalb davon
ausgehen, daß der frühere Pfarrer in Egesheim nach Deilingen übergewechselt war. Es werden
keine Gründe genannt, warum Pirzschelin nicht ins Kloster zurückkehrte oder eine andere
Beuroner Pfarrei übernahm. Wir können nur Vermutungen anstellen, die richtig, aber auch
falsch sein können.

Pirzschelin befaßte sich intensiv mit der Aufhellung und Darstellung der frühen
Geschichte von Kloster Beuron. Zwangsläufig waren diese Bestrebungen und Aktivitäten
gegen die Vögte des Klosters, die Herren von Enzberg gerichtet, und diese wiederum haben
mit allen Mitteln versucht, solche Aktivitäten zu unterbinden. Mit bewaffneter Macht haben
sie 1571 und auch schon früher das Kloster überfallen und alle Unterlagen und Archivalien,
die ihnen zum Nachteil zu gereichen schienen, mit Gewalt geraubt. Dabei ist auch der
Schutzbrief der Grafen von Zollern von 1253 in Verlust geraten.

Egesheim lag hart an der Grenze zum Machtbereich der Herren von Enzberg.
Königsheim, das zur Mutterpfarrei Egesheim gehörte, lag bereits auf enzbergischem Gebiet.
Mußte Pirzschelin nicht fürchten, von den Enzbergern verschleppt zu werden, wie es bereits
seinem Mitbruder Vitus Hainzmann und dem Propst Wilhelm ergangen war? Nur durch das
Ausweichen aus dem Machtbereich der Enzberger konnte er sich einem solchen Schicksal
entziehen. Ist er eben aus diesem Grunde 1571 nicht zur Propstwahl im Kloster Beuron
erschienen?

Möglicherweise könnten für den Ortswechsel Pirzschelins auch andere Gründe in Frage
kommen. Aus der Zeit um die Mitte des 16. Jahrhunderts sind viele Fälle bekannt, in denen
Ordensangehörige den Orden verlassen und als weltliche Seelsorger weiter gewirkt haben. Da
das Protokoll des Kapitels Ebingen mit ausführlicheren Angaben und Vermerken äußerst
sparsam ist, können aus ihm darüber indes keine näheren Aufschlüsse gewonnen werden.

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