Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 139
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0141
Die spätgotischen Kelche von Glatt und Neckarhausen

Die Stifter des Kelches

Der neuneckische Schild auf der Unterseite des Kelches ist zum Teil Wiederholung dessen,
was auf einer der sechs Flächen des Fußes auf einer Scheibe von 3,4 cm Durchmesser
dargestellt ist (Abb. 2). Auf diesem von Schrauben gehaltenen Medaillon ist das Wappen der
Familie v. Neuneck (in Rot ein goldener Balken und darüber ein schwebender, gleichfalls
goldener - hier fünf- , sonst sechstrahliger - Stern) mit dem Wappen derer v. Ow (geteilter
Schild mit einem roten, schreitenden Löwen in goldenem Feld über einem blauen Feld) in
einem Schild vereinigt. Ein etwas helleres Blau wurde verwendet, um die drei Segmente
zwischen dem Schild und der Zone der Umschrift zu füllen. Aus dem unteren Feld des
Neuneckwappens ist ein Stück des Grubenschmelzes herausgeplatzt, so daß der aufgerauhte
Boden der Scheibe zum Vorschein kommt. Die schwarz gehaltene Umschrift des Medaillons
(Nielloarbeit) beginnt mit einem Kreuzzeichen, wie dies von Siegeln bekannt ist; überhaupt
erinnert die Gestaltung des Medaillons im ganzen an Rundsiegel des 15.Jahrhunderts.
Allerdings nennt die Umschrift hier zwei Namen: HANS VON NINNECK RITTER
GERTRVT VONN O. Das »O« steht für »Ow« (gesprochen »au« wie in Obernau). Gertrud
v. Ow gehörte der Hirrlinger Linie des Geschlechtes an. Ihre Eltern waren Hans X. v. Ow
gen. Kätzlin, zu Wurmlingen (Stadtteil von Rottenburg a. N.), der bereits 1447 starb, und
Barbara v. Bebenburg, die einer fränkischen, ursprünglich im Raum Gerabronn ansässigen
Niederadelsfamilie entstammte; sie war bis 1486 am Leben. Die Überlieferung zu Hans v. Ow
läßt keine klare Aussage über seine wirtschaftliche Lage zu; es ist von Käufen und Verkäufen
die Rede6. Dagegen scheint Barbara v. Bebenburg recht vermögend gewesen zu sein, denn im
Jahr 1473 kaufte sie Konrad v. Neuneck von der jüngeren Linie zu Glatt (IX/140/120) und
Thomas v. Wehingen ein Drittel des Dorfes Hirrlingen (Kr. Tübingen) um 3000 fl ab7. Wie
die finanzielle Ausstattung ihrer Tochter bei ihrer Heirat am 19.Juni 1461 aussah, ist
unbekannt. Als die Mutter ihr 1486 fünfzig Gulden vermachte, wurde die Einwilligung ihrer
Brüder ausdrücklich vermerkt.

Gertruds Ehepartner war Hans v. Neuneck (IX/121/86), der einzige Sohn des einige Jahre
zuvor verstorbenen Georg (VIII/86/69). Von Hansens Mutter weiß man bisher nur den
Namen: Sophie v. Weitingen. Georg und Hans gehören dem älteren Zweig der auf der
Stammburg Neuneck (Gde. Glatten Kr. Freudenstadt) ansässigen Linie an. Die Burg war im
ganzen 15. Jahrhundert Ganerbenburg. Nachdem Hans v. Neuneck schon einige Jahre in
wirtembergischen Diensten gestanden hatte, wurde ihm 1468 - wie schon zuvor seinem Vater
- das Amt des Vogtes zu Rosenfeld übertragen, welches er vierzehn Jahre innehatte. Von 1477
bis 1482 wirkte er außerdem als wirtembergischer Obervogt am Schwarzwald7a. Hans v.
Neuneck war einer der Begleiter des Grafen Eberhard des Älteren v. Wirtemberg auf dessen
berühmter Wallfahrt ins Heilige Land (1468), wo er wie die anderen adligen Gefährten des
Grafen zum Ritter vom Heiligen Grabe geschlagen wurde. Eben diese Ritterwürde, die auch
auf der Kelchumschrift vermerkt ist, unterscheidet ihn von seinem Namensvetter Hans v.
Neuneck zu Glatt (IX/141/120), der zwischen 1497 und 1501 ebenfalls das Amt des Obervogtes
am Schwarzwald versah. Dieser Hans, der zu den bedeutenderen Vertretern der Neuneck
zu Glatt gerechnet werden muß, war mit Anna v. Almshofen aus dem bei Donaueschingen
beheimateten Geschlecht verheiratet. Es verwundert daher, daß die Kelchstiftung nicht auf
dieses Paar zurückgeht, wo doch Junker Hans v. Neuneck zu Glatt zum Kreis der Kastvögte
und Patronatsherrn der Pfarrkirche in Glatt gehörte, wozu der Ritter Hans keinesfalls
gerechnet werden darf. Denn bei der Einsetzung von Pfarrern in den Jahren 1464 und 1490
übte Hansens Bruder Konrad, der oben als Mitverkäufer von Hirrlingen auftrat, beziehungs-

6 Th. Schön: Geschichte der Familie von Ow, S. 114-116.

7 J. Ottmar: Die Burg Neuneck und ihr Adel, S. 219; von dort wurden auch die Kennziffern der Träger
des Namens v. Neuneck übernommen.

7a StASIG Ho 1 U von 1477 Dez. 22.

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