Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 143
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0145
Die spätgotischen Kelche von Glatt und Neckarhausen

Während Rudolf v. Ehingen ("f" 1538), der seine Frau um neun Jahre überlebte, und seine
ehingischen Vettern und Basen zu Dießen samt deren Nachkommen der alten Kirche treu
blieben, vollzog Rudolfs Sohn Georg (IL), der bis 1561 lebte, gegen Ende der Fünfzigerjahre den
Ubergang zur evangelischen Konfession, was politisch seiner Abwendung von Osterreich und
seiner Anlehnung an Württemberg gleichkam. Allerdings ist die Einführung der lutherischen
Lehre im Jahr 1559 nur für die Herrschaft Kilchberg zu belegen Immerhin läßt sich sagen, daß
die letzte archivalisch nachzuweisende Besetzung der Pfarrei Neuneck mit einem katholischen
Priester in das Jahr 1551 fällt. Am 21. Oktober jenes Jahres wurde Bartholomeus Nußkern aus
Dornstetten als Pfarrer der Marienkirche in Neuneck eingesetzt, die durch den Tod von Johannes
Längsyn vakant geworden war. Das Präsentationsrecht übte Georgs Sohn Jakob v. Ehingen aus,
der zu Lebzeiten seines Vaters im oberen Schloß in Neuneck ansässig war20. Angesichts der Nähe
beider Herrschaften zum Herzogtum Wirtemberg wäre es ganz ungewöhnlich, wenn Georg in
Kilchberg die Reformation eingeführt hätte, in Neuneck hingegen nicht. Im übrigen muß der
Konfessionswechsel in Neuneck schon deshalb unter Georg v. Ehingen erfolgt sein, weil sein
Sohn Jakob selbst katholisch blieb, jedoch zuließ, daß seine Söhne protestantisch erzogen
wurden21:

Als Georg v. Ehingen den Konfessionswechsel vollzog, lebte außer ihm nur noch ein
Enkelkind des Paares, das den Kelch in Neuneck gestiftet hatte, nämlich seine Base Magdalena v.
Ehingen, die gemäß eines Vertrags vom 22. Januar 1515 mit Wildhans v. Neuneck zu Glatt
(X/172/141) die Ehe eingegangen war. Von der Kelchstiftung durch ihre Großeltern dürfte sie
durch ihre Großmutter Gertrud v. Ow selbst gehört haben, denn die letztere wird im Spätjahr
1514 urkundlich noch erwähnt. Sie verbrachte ihre Witwenjahre in Dießen im Haus unter dem
Schloß, in welchem Magdalena aufwuchs. Als Magdalena heiratete, begründete sie mit ihrem
Mann Wildhans ihren Hausstand im unteren Schloß in Neuneck, das zum Anteil der Neuneck zu
Glatt am Stammsitz der Sippe gehörte. Noch Anfang 1549, zwanzig Jahre nach dem Tod ihres
Mannes, ist Magdalena nachweislich in Neuneck ansässig213, und wahrscheinlich blieb sie dort
wohnen, bis sie nach dem Tod ihres unverheirateten Schwagers Reinhard v. Neuneck, Ritter
(X/l 70/141), im Jahr 1551 oder etwas später mit ihrem Sohn Hans Heinrich (XI/191/172), einem
der Haupterben Reinhards, ins neu erbaute Schloß nach Glatt ziehen konnte.

Am Kirchensatz oder Patronatsrecht in Neuneck hatte Wildhans v. Neuneck und nach ihm
Magdalena (in Vertretung ihrer Kinder) keinen Anteil gehabt. Es kann aber kein Zweifel
bestehen, daß Magdalena während ihrer vielen Jahre in Neuneck genügend Gelegenheiten hatte,
den von den Eltern ihrer Mutter gestifteten Meßkelch kennenzulernen und die auf seinem Fuß
befestigte Wappenscheibe zu betrachten. Es ist nämlich auffällig, daß, als Magdalena für sich und
ihren lange vor ihr verstorbenen Ehemann 1552 ein heraldisches Grabmal anfertigen ließ, das in
der Pfarrkirche in Glatt aufgestellt wurde, die Steinplatte auf einen Sockel zu stehen kam, auf
dessen Vorderfläche eine kreisrunde Scheibe eingetieft war, aus der ein reliefierter Schild
heraustrat, der die Motive des neuneckischen und ehingischen Wappens vereinigte22.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Stifter und das Stiftungsjahr des Kelches

19 v. Tessinsches Archiv Kilchberg A 510 (1559). Vgl. auch: Der Landkreis Tübingen. Bd2, S.366.

20 Leider bin ich nicht in der Lage, eine Nennung aus dem Jahr 1560 mit einem Archivbeleg zu stützen.
Für dieses Jahr habe ich den Namen »Fabion Arnold« als katholischen Geistlichen von Neuneck in
Erinnerung, doch ist es mir nicht gelungen, den betreffenden Bestand im HStAS wieder ausfindig zu
machen. Ich stieß auf den Namen, bevor ich mich mit dem Kelchthema befaßte. In Glatt ist er seit 1567
nachzuweisen, denn in diesem Jahr hat er dort ein Kirchenbuch angelegt, dessen Heiratseintragungen mit
dem 3. 11. 1567 einsetzen. Der erste Taufeintrag rührt vom 6. 12. jenes Jahres (Pfarregistratur Glatt).

21 Carl Holzherr: Geschichte der Reichsfreiherren von Ehingen. 1884, S. 76.
21a StASIG Ho 163 U 75.

22 Dieser Sockel wie auch ein gleichartiger für das Grabmal ihres Schwagers Hans Oswald v. Neuneck
(X/173/141) und dessen Frau sind leider verloren gegangen (vgl. J. Ottmar: Die Grabmäler der Familie v.
Neuneck in der Pfarrkirche in Glatt. In: Glatter Schriften 1. 1979, S. 12). Die beiden Wappenbilder sind

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