Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 160
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0162
Casimir Bumiller

ein Jude aus Hechingen bekannt.7 Diese älteren Einzelbelege bezeugen, daß man wohl
spätestens in der Zeit Graf Eitelfriedrichs II. von Zollern (1488-1512) mit einer jüdischen
Ansiedlung in Hechingen rechnen muß, sie sprechen jedoch nicht gegen die Einschätzung, daß
man von einer jüdischen Gemeinde erst im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts sprechen
kann.

Das stärkere Auftreten von Juden in Hechingen nach der Wende zum 16. Jahrhundert wird
in Zusammenhang gebracht mit der Ausweisung der Judenschaft aus dem benachbarten
Württemberg im Jahr 1498.8 Dieser Hinweis ist sicher richtig, es darf jedoch nicht übersehen
werden, daß die Zuwanderung von Juden nach Hechingen nicht nur aus dem Württembergischen
, sondern auch aus der vorderösterreichischen Herrschaft Hohenberg erfolgt sein kann.
Die engeren Beziehungen zwischen Zollern und Hohenberg bestanden darin, daß die Zollergrafen
seit 1488 in der Herrschaft Hohenberg zu Hauptleuten bestellt waren.9 Es bestand also
in der Verwaltung beider Territorien im 16. Jahrhundert bis zu einem gewissen Grad Personalunion
. Insofern kann es auch nicht verwundern, daß die Judenordnung, die Kaiser Maximilian
am l.Mai 1516 für seine Juden in Hohenberg aufrichtete, auch die in Hechingen gesessenen
Juden umfaßte.10 Das heißt, die Hechinger Juden wurden um 1516, wenn man so will, zur
hohenbergischen Judenschaft gerechnet.

Von dieser Beobachtung aus erhebt sich die Frage, seit wann die Juden in Hechingen eine
selbständige Kultusgemeinde bildeten, wenn wir zwischen Ansiedlung und eigentlicher
Gemeindebildung unterscheiden. Nach den mosaischen Gesetzen waren für den jüdischen
Gemeindegottesdienst zehn erwachsene Männer erforderlich (sogenannter Minjan).11 Erst
zum Jahr 1544 wissen wir definitiv, daß dieser Status gegeben war. Wie zahlreich die Juden in
Hechingen zuvor waren, bleibt unklar, da etwa die hohenbergische Judenordnung von 1516
und weitere Belege entweder nur allgemein von den Hechinger Juden sprechen oder es bei der
Nennung einzelner Personen belassen.

Es weist vieles darauf hin, daß die eigentliche jüdische Gemeindebildung in Hechingen erst
in die Regierungszeit des Grafen Jos Niclas II. von Zollern (1538-1558) fällt. Abgeschlossen ist
dieser Prozeß spätestens 1546, als die Juden aus dem Besitz des Grafen um 50 Pfund Heller ein
Gebäude als Judenschule erwerben und sich damit einen religiösen Mittelpunkt geben. Die
vielzitierte und nie verifizierte Notiz über die Judenschule bei Cramern, der seine Quelle
allerdings sehr versteckt nennt, bezieht sich auf einen Absatz in Berthold Hagens zollerischem
Lagerbuch von 1544.13 Der Passus, der Graf verkaufe den Juden allen gemeinlichen ... die
Juden Schul binden by der statmurh mit ir zugehord ... beinhaltet drei wichtige Aussagen:
zum einen ist darin die Existenz einer jüdischen Gemeinde angedeutet, zweitens legt die
Lagebezeichnung nahe, daß es sich 1546 sehr wahrscheinlich bereits um den heutigen Standort
der Synagoge handelte, was zweifelhaft war14, und zum dritten läßt die Formulierung die
Deutung zu, die Judenschule habe in diesem Gebäude schon einige Zeit vor dem käuflichen
Erwerb durch die Judenschaft bestanden. Der genaue Vertragstext bildet also ein wichtiges
Dokument für die frühe Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hechingen.

7 Germania Judaica Bd. III 1. Teilband. Tübingen 1987. S. 522.

8 Braunn (wie Anm. 4) Nr. 306.

9 Eugen Stemmler: Zollern und Hohenberg vom 12. bis 16.Jahrhundert. In: Hohenzollerische
Jahreshefte21 (1961) S.40ff.

10 Abschriften dieser Judenordnung lagern im StAS Hol Nr. 1435 B.32ff. und HStASt B37a BÜ125.
Ausführliches Regest bei Hans Peter Müller: Die Juden in der Grafschaft Hohenberg. In: Der
Sülchgau 25 (1981) S. 38f.

11 Manuel Werner (wie Anm. 2) 1984 S. 122.

12 Julius Cramer: Die Grafschaft Hohenzollern. Ein Bild süddeutscher Volkszustände. Stuttgart 1873.
S.206 und 222.

13 Staatsarchiv Sigmaringen (zitiert: StAS) FAS DH NZ 137 Bd. 13 fol. 72r.

14 Otto Werner (wie Anm. 3) S. 183.

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