Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 164
(PDF, 60 MB)
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Casimir Bumiller

Ganz eindeutig sind dagegen die Berichte über den Geldverleih Hechinger Juden in den
Jahren 1514/17.18 In Supplikationen an den Herzog Ulrich von Württemberg beklagen sich
Ettlich arm lütt der dörffer Ttiwinger ampts ouch Bebenhuser dorffer, darunter die an die
Grafschaft Zollern angrenzenden Gemeinden Mössingen und Bodelshausen, sie hätten, in
Notzeiten19 verarmt, bei den Hechinger Juden Hilfe gesucht. Wegen der wucherisch angelegten
Geldleiheverträge seien sie jedoch in Zahlungsschwierigkeiten gekommen und würden
nun von den Juden vor dem Hofgericht in Rottweil und dem geistlichen Gericht in Konstanz
verklagt. Die Brüder Ciriax, Gregorius, Conrat und Jörg Buck aus Talheim klagen in einer
gesonderten Bittschrift, ihr Vater sei ihnen während der Erntezeit erkrankt und verstorben,
dennoch habe sie in dieser Zeit der Jude Nathan aus Hechingen mit der Eintreibung von
Schulden belastet.

Herzog Ulrich wendet sich auf die Bittschriften seiner Untertanen hin in mehreren
Schreiben zwischen 1514 und 1517 gegen die wucherigen Koüff vnnd lehnungen der Hechinger
Juden und mahnt seinen Nachbarn Graf Franz Wolfgang von Zollern eindringlich, gegen
die wucherischen Geschäfte seiner Schutzjuden einzuschreiten, was jener in einem Brief von
1516 auch verspricht.

Trotz vermittelnder Verhandlungen, die unter Mitwirkung württembergischer Räte in
Hechingen stattgefunden haben müssen, bleibt der Ausgang der Geschichte unklar. Der
zuletzt erhaltene Brief Ulrichs von 1517 geht noch immer von den Bedrückungen seiner
Bauern durch die Juden aus. Möglicherweise hat sich seine Intervention in die zollerische
Judenpolitik durch den Tod Franz Wolfgangs im selben Jahr und dann durch die Ereignisse,
die zu Ulrichs Vertreibung aus Württemberg führten, erledigt. Jedenfalls standen die Hechinger
Juden zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Ruf wucherischer Geldleihertätigkeit, und es ist
zu fragen, ob sich dieses Bild im weiteren Verlauf des Jahrhunderts bestätigt.

Für die Mitte des 16. Jahrhunderts können zunächst die erhaltenen zollerischen Schutzbriefe
zur Wirtschaftstätigkeit der Juden befragt werden. Unter den Rechten, die die Grafen
von Zollern ihren Schutzjuden gegen ein jährliches Schutzgeld (Tribut) und auf befristete Zeit
verleihen, findet sich in allen vorhandenen Schirmbriefen das Recht auf freie Religionsausübung
, der Zugang zum jüdischen Friedhof, das Recht auf Weid und Wasser und gewisse
wirtschaftliche Privilegien.20 Letztere lohnt es sich genauer zu betrachten. Copelman Jud aus
Owingen etwa darf 1538 frey sicher hin vnd wider handien vnd wandlen und dabei seine
schulden erforderen, Inzeyhen, gütiglich vnd rechtlich.21 Die Brüder Jäcklin und Seligman, die
1542 von Bühl nach Rangendingen ziehen, bestätigen, daß wier Juden mit khauffen vnd
verkhauffen vnnd anderm gewerb Redlichen gebrauchen vnnd handien mögen22, und Schay
Jud, der 1554 von Steinbach kommend aufzieht, erhält ein annähernd gleichlautendes Privileg
.23 Mendlin Jud von Burgau wird schließlich 1559 gewährt, vfrechte, Redliche Handtierung
oder Kaufmannschaft zu betreiben.24

Es wird deutlich, daß bei aller Formelhaftigkeit der Schutzbriefe doch feine Nuancierungen
möglich waren. Während Copelman Jud deutlich als Geldverleiher ausgewiesen wird, zielen

18 HStASt A 220 BÜ294.

19 Die Hungersnot, die die Supplikanten beklagen und die vor mengen Jaren durch Hagel, Not,
Mißgewächs und Abgang des Viehs entstanden sei, scheint sich auf die Teuerungswelle von 1511-1517 zu
beziehen, die im gesamten deutschen Südwesten wirksam war. Vgl. Horst Buszello: »Wohlfeile« und
»Teuerung« am Oberrhein 1340-1525 im Spiegel zeitgenössischer erzählender Quellen. In: Bauer, Reich
und Reformation. Festschrift für Günther Franz. Stuttgart 1982. S. 27 und 34.

20 Siehe hierzu ausführlicher Kuhn-Rehfus (wie Anm. 1) S. 19-21.

21 StAS Hol Nr. 1435 Bl.41.

22 StAS Hol Nr. 1431, abgedruckt bei Kuhn-Rehfus (wie Anm. 1) S.22f.

23 StAS Ho 1 Nr. 946 (alte Sign. C II 2aa Nr. 3 (Pak. 261)).

24 StAS Hol Nr. 1435 Bl.51.

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