Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 212
(PDF, 60 MB)
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Josef Menath

heraus (die gleiche Position des Jesusleichnams, das Stützen durch Johannes) wie von ihr weg:
Jesus berührt bereits den Boden, Maria steht bereit, ihn liebevoll anzunehmen.

So vollzieht sich denn der Reifungsprozeß unseres Kreuzwegmalers in drei Schritten: In
Ergoldsbach hält er sich noch fast sklavisch an Vorlagen, in Moosburg löst er sich bereits von
ihnen, ohne die »Eierschalen« ganz abzuwerfen, und in den sechs folgenden Kreuzwegen
findet er schließlich zu seiner eigenen Darstellungssprache. Auch sie mag noch aus dem
Reservoir früher Passionsvorlagen schöpfen, aber wörtliche Ubernahmen dünken uns unwahrscheinlich
.

Jetzt erhält jede Station eine nahezu konstante Kompositionsform, innerhalb deren es
jedoch zu immer neuen Varianten kommt. Geht man ihnen nach, so erlebt man dabei einen
Künstler, der immer neu darum ringt, dem erzählten Geschehen die optimale Ausdrucksweise
zu verleihen. Das führt dazu, daß jeder der sechs Kreuzwege sozusagen das gemeinsame
Maler-»Genus« hat, aber ebenso seine singuläre »differentia specifica«. Eine Entwicklungslinie
innerhalb dieses Sextetts auszumachen, aus der man ein zeitliches Nacheinander ableiten
könnte, wäre ein aufwendiges und wohl fruchtloses Unternehmen.

D. VISCHERS SIGMARINGER KREUZWEG

Somit läßt sich auch der Kreuzweg von Inzigkofen/Sigmaringen zeitlich nicht genau
fixieren, höchstens insoweit, daß er eben in die früheste Phase der Kirchenkreuzwege und in
die Reifephase des Künstlers gehört. Doch lohnt es sich, im engen Rahmen dieser ersten
Vorstellung einmal ausschließlich über ihn zu sprechen, immer mit einem Seitenblick auf seine
fünf parallelen »Brüder«. Von ihnen allen unterscheidet er sich eigentlich nur in einem
einzigen Detail: Jesus ist nur noch einteilig bekleidet, auf den roten Umhang ist konsequent
verzichtet. Nach dieser Feststellung empfiehlt sich ein wenigstens kurzes Abschreiten des
Sigmaringer Kreuzwegs.

Sigmaringen im Kontext der sechs Reife-Kreuzwege Wischers

1. Station (Jesus wird zum Tode verurteilt):

Nicht mehr voll bekleidet wie in Ergoldsbach und Moosburg, sondern nur noch mit dem
Spottmantel über dem nackten Oberkörper verläßt Jesus das Tribunal. Die steile Diagonale
von links oben nach rechts unten ist dem ganzen Sextett gemeinsam.

2. Station (Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern):

Hier fehlt die (verlorengegangene) Parallele von Altfraunhofen. Die anderen vier stimmen
wieder fast völlig überein. In Sigmaringen könnte der andernorts nicht vorhandene Bausockel
(vorne links) noch entfernt an Ergoldsbach/Moosburg erinnern.

3. /7./9. Station (Jesus fällt zum ersten, zweiten und dritten Mal unter dem Kreuz):

Ein guter Kreuzwegmaler ist in der Regel bemüht, das Fallen Jesu von einem zum anderen
Mal zu steigern. Das macht sich auch Vischer zum Anliegen. Aber im Gegensatz zu dem
Quintett greift er in Sigmaringen schon beim ersten Fall auf den zweiten von Moosburg
zurück, bei dem Jesus bereits ohne Kreuzkontakt am Boden liegt. Das zwang ihn, für die
Eskalation der zwei weiteren Fälle neue Wege zu beschreiten. Beim dritten Fall - den es so nur
in Sigmaringen gibt - macht er es dem Beschauer allerdings schwer, das nach oben gerichtete
Antlitz Jesu auszumachen.

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