Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 224
(PDF, 60 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0230
Heinrich Kohring

als Judenort genannt werden muß. Erwartungsgemäß ist denn auch der Eintrag »Hechingen«4
vorhanden, und zwar auf S. 522; ihm ist zu entnehmen, daß, entgegen unserem bisherigen
Kenntnisstand, schon im Jahre 1465 (zumindest) ein Jude am Ort erwähnt wird. Die
diesbezügliche Passage sei im Wortlaut als Beleg angeführt: »In H. [= Hechingen], der
Residenzstadt der Gff [= Grafen] v. Hohenzollenv1', ist erstmals 1465 der jüd. Arzt Salo-
mon'2', dann 1490 ein Jude bezeugt, der in Sulz/Neckar Getreide kaufte'3'.«

Exkurs: Salme Jud von Hechingen (1490)

Die Existenz des Juden Salme (=Salomo, hebräisch Sch-lomoh), der im Jahr 1490 »in Sulz/
Neckar Getreide kaufte«, ist dem historisch interessierten Publikum schon seit langem
bekannt, genauer gesagt seit 1927. In eben diesem Jahr erschien nämlich der 2. Teil der
Württembergischen Regesten5 mit folgendem Eintrag für den 4. März 1490: »Hans Widemler,
B. [= Bürger] zu Sulz, verkauft Salme Juden zu Hechingen oder dem Inhaber des Briefs
1 Scheffel Kernen Gült zu Sulz um 5fl.«6

Dies war, wie gesagt, bislang der erste bekannte Hinweis auf jüdische Präsenz in
Hechingen.

Praktizierte der judische Arzt Salomon bereits 1465 in Hechingen?

Im Lichte des in GJ 111,1 Gesagten muß, wie es scheint, der alte Kenntnisstand nunmehr
revidiert werden. Als Philologe stehe ich nun sozusagen aus beruflichen Gründen »Texten«
mißtrauisch gegenüber, zumal wenn sie Neues präsentieren, und schon daher schien mir eine
Uberprüfung angezeigt. Als Quelle für die Behauptung, Salomo Jud habe 1465 in Hechingen
als Arzt gewirkt, führt GJ (Anm. [2] des Eintrags »Hechingen«, vgl.o.) folgenden Aufsatz an:
»TH. MILLER, Zur G. [= Geschichte] u. rechtl. Stellung der Jj. [=Juden] in Stadt u. Univ.
Tübingen, in: JahresBdd [= Jahresbände] der wiss. Akadd. [= wissenschaftlichen Akademien]
des NSD-Dozentenbundes [= National-Sozialistischer Deutscher Dozentenbund] 1, 1937/39
(1940, antisem.), 247 Anm. 26.« Dieses in der Tat antisemitische, durch und durch tendenziöse
Machwerk7 ist nach dem letzten Krieg flugs aus den öffentlichen Bibliotheken verschwunden.

4 Der Eintrag »Hechingen« stammt von Archivdirektor Dr. Paul Sauer, der die Judenorte Württembergs
und Hohenzollerns für GJ III bearbeitet hat. Paul Sauer ist auf diesem Gebiet ein eminenter
Fachmann; bekannt ist vor allem sein Werk: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzol-
lern. Denkmale, Geschichte, Schicksale. Stuttgart 1966.

5 Urkunden und Akten des K.(öniglichen) Württ.(embergischen) Haus- und Staatsarchivs. Erste Abteilung
: Württembergische Regesten von 1301 bis 1500. Herausgegeben von dem K.(öniglichen) Haus- und
Staatsarchiv in Stuttgart. I: Alnvürttemberg. Erster Teil. Stuttgart 1916; Zweiter Teil. Stuttgart 1927. Im
2.Teil von 1927 findet sich auf S. 519 unsere Quelle zitiert; hierauf bezieht sich P. Sauer in seinem
Hechingen-Artikel für GJ 111,1. Unsere Quelle ist ferner abgedruckt bei Wilfried Braunn: Quellen zur
Geschichte der Juden bis zum Jahr 1600 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart und im Staatsarchiv Ludwigsburg.
Thematische Repertorien Bd. 1. Stuttgart 1982. S. 106, Nr. 294. Die Lagernummer der betreffenden
Archivalie ist: Hauptstaatsarchiv Stuttgart A602 Nr. 13077.

6 »Kernen« ist laut Fischers Schwäbischem Wörterbuch der gegerbte, d. h. der durch den sog. Gerbgang
der Mühle von den Spelzen befreite Dinkel (der mit den Spelzen »Vesen« genannt wird). »Gült« ist der
jährliche Gutsertrag oder auch einfach: Schuld (wie in »Gültbrief«).

7 Dr. phil. Thomas Miller war seinerzeit Bibliothekar an der UB Tübingen und tat sich als Verfasser
antisemitischer Schriften hervor, von denen einige in den Tübinger Blättern (1936, 1938, 1939) erschienen
sind. Sein »Hauptwerk« ist das (heute kaum noch greifbare) Buch: Schwabentum gegen Judentum. Der
Kampf um die Judenemanzipation in Württemberg. Stuttgart 1939. Der im Hechingen-Artikel von
GJ 111,1 zitierte Aufsatz von Miller gipfelt bezeichnenderweise in der Feststellung: »In den vier Jahrhunderten
des Bestehens der Universität konnte sich insgesamt kaum ein Dutzend jüdischer Professoren
festsetzen. Tübingen gehört damit zu den deutschen Universitäten, die sich am meisten der Wahrung des

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