Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 249
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0255
Besprechungen

Landtagspräsidenten die Annahme ermöglichte. Am 10. März, wenige Stunden bevor die Nationalsozialisten
die Regierung in Baden übernahmen, wurde das Konkordat noch ratifiziert. Abgerundet wird die
Darstellung von Susanne Plück durch einen interessanten, etwa 100 Seiten umfassenden Quellenanhang,
der vor allem den Briefwechsel zwischen Pacelli und dem badischen Zentrumsführer Föhr enthält, sowie
eine sehr hilfreiche Synopse des Bayerischen und Preußischen Konkordats sowie des Badischen Konkordats
und seiner Entwürfe.

Während das erste Ziel der Untersuchung, die Entstehungsgeschichte des Badischen Konkordats
darzustellen, überzeugend erreicht wurde, trifft dies für die Frage nach den Gründen des Scheiterns der
Koalition im November 1932 nicht zu. Hier ist der Blick der Autorin durch den offensichtlichen Vorsatz
getrübt, der SPD die alleinige Schuld am Scheitern der Koalition zu geben. Wie sie selbst ausführt, ist das
Konkordat nur der Anlaß, aber nicht der Grund für das Ende der Koalition. Vielmehr könne man den
badischen Koalitionsbruch »als den Schlußstein eines kontinuierlichen Rückzugs der deutschen Sozialdemokraten
aus der politischen Verantwortung bezeichnen« (S. 190). Leider bleibt die Autorin den Beweis
für diese Behauptung schuldig. So wird z.B. die politische Entwicklung Badens in der Zeit der
Konkordatsverhandlungen kaum behandelt, und die innerparteiliche Diskussion in der SPD kommt zu
kurz. Noch bedenklicher ist jedoch die völlig unkritische Übernahme der Position des badischen
Zentrumsführers Föhr. Kritik am Konkordat auch aus dem Zentrum, wie z.B. in den Erinnerungen von
Heinrich Köhler, in den zwanziger Jahren u.a. Reichsfinanzminister und badischer Staatspräsident, wird
nicht erwähnt. Ebenso vermißt man eine Auseinandersetzung mit dem allgemeinen Rechtsruck des
Zentrums zu Beginn der dreißiger Jahre und den Spekulationen in Baden, das Zentrum wolle eine
Rechtskoalition bilden.

Völlig unbeachtet bleibt die gerade beim Badischen Konkordat sichtbar werdende Vermischung von
Staats-, Partei- und Kircheninteressen (Vatikan), durch die die Haltung des Zentrums geprägt wurde. So
ist es bei Vertragsverhandlungen nicht üblich, daß die eine Seite (Vatikan) von der anderen Seite (badisches
Zentrum) laufend sämtliche Interna der Regierungs- und Koalitionsverhandlungen geliefert bekommt,
wie dies aus dem Briefwechsel zwischen Pacelli und Föhr hervorgeht.

Die Chance, am Beispiel des Badischen Konkordats die Entfremdung zwischen den beiden wichtigsten
Trägern der Weimarer Republik, nämlich Zentrum und SPD, aufzuzeigen und damit auch eine Erklärung
für das Scheitern der ersten deutschen Demokratie zu liefern, wurde leider nicht genutzt.

Stuttgart Thomas Schnabel

Tübingen 1945. Eine Chronik von Hermann Werner. Bearb. und mit einem Anhang versehen von
Manfred Schmid. Stuttgart: Theiss 1986. 256 S. (Beiträge zur Tübinger Geschichte 1).

Das vorliegende Buch ist in mehrfacher Hinsicht von Interesse. Zum einen ist es eine wenige Jahre
nach Kriegsende geschriebene hochinteressante und informative Darstellung der einschneidenden Ereignisse
der Tübinger Stadtgeschichte vor, während und nach der Besetzung durch die Franzosen am
19. April 1945. Zum anderen ist es auch ein Dokument dafür, wie man sich zu Beginn der fünfziger Jahre
mit dem Nationalsozialismus »auseinandersetzte«, worauf auch Manfred Schmid in seinem Vorwort
hinweist. »Die 50er Jahre waren von einem erschreckenden Ausmaß< an Verdrängung der Vergangenheit
gekennzeichnet« (S. 16). Dabei war Hermann Werner nie Mitglied der NSDAP gewesen, hatte vielmehr
unter dem Nationalsozialismus zu leiden gehabt. Trotzdem schreibt Werner, daß der Name des Internie-
rungslagers Balingen, in dem überwiegend ehemalige »Nazi-Größen« saßen, »bald fast so harten Klang
hatte, wie vorher die KZ's.« (S. 137). Eine Unterscheidung in Opfer und Täter findet nicht statt. Auch die
ablehnende Haltung gegenüber Emigranten, selbst wenn sie nicht dem linken politischen Spektrum
zuzurechnen waren, kommt deutlich zum Ausruck. »Besonders empfindlich wurde die deutsche Öffentlichkeit
, wenn Emigranten wie Thomas Mann denen, die nicht hatten emigrieren können, ihre Mitschuld
vorhielten. Auch im Schwäbischen Tagblatt< wurden solche Anschuldigungen sehr deutlich zurückgewiesen
« (S. 162). Zum dritten ist das Buch aber auch ein Beleg dafür, wie mit wachsendem zeitlichen Abstand
die Bereitschaft auch in den Kommunen wächst, sich intensiv und z.T. auch kritisch mit schwierigen
Zeiten wie dem Ende des Dritten Reiches und dem Anfang der Besatzungsherrschaft auseinanderzusetzen
. Davon zeugt auch der im Anschluß an die Chronik von Hermann Werner abgedruckte umfangreiche
Anhang, in dem Zeitzeugen zu Wort kommen. Gelegentlich hätte man sich sogar gewünscht, noch etwas
mehr von Einzelnen zu hören bzw. zu lesen.

Insgesamt handelt es sich um ein sehr informatives Buch über die Monate des Umbruchs in Tübingen,

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