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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0023
Die dunklen Jahrhunderte

Chlorus als »ganz Alamannien« bezeichnet wurden, nicht aber die Gebiete am oberen Neckar
und an der obersten Donau. Die Alamanneneinfälle seit 233 waren sicherlich die auslösende
Ursache für den Abzug der Römer aus dem rechtsrheinischen Gebiet, eine germanische
Landnahme hat hier in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts aber noch nicht stattgefunden. Zwischen
Schwarzwald und Bodensee bis zur westlichen Schwäbischen Alb saß eine rebarbarisierte
autochthone Bevölkerung und bildete eigenständige alamannische Teilstämme, die Wilheri.

Um auf unser Thema zurückzukommen: In der Schlacht bei Solicinio wurden diese Wilheri
durch den Sieg Valentinians entscheidend geschwächt. Vielleicht verloren sie damals ihre
Führung, wie dies die Schwaben-Origo meldet. Sie vermochten deshalb - und auch weil sie durch
den Abzug ihrer nördlichen Nachbarn zum Rhein die Stütze der ostgermanischen Burgunder
verloren hatten - dem Vordringen der Schwaben von der Ostalb her keinen Widerstand mehr zu
leisten. Bezeichnenderweise drangen aber die Schwaben von Osten über die Alb vor und nicht
von Norden her. Der erste Zerstörungshorizont auf dem Runden Berg bei Urach51 um die Wende
zum 5. Jahrhundert ist Zeugnis für diese Überlagerung, die sich in der weiterhin bewohnten
Bergsiedlung in stärkerer sozialer Schichtung abzeichnet52.

Was berichten uns die römischen Quellen über die Aufgabe der rechtsrheinischen Gebiete
260 unter Kaiser Gallienus? Die Äußerungen darüber sind uns heute bequem zugänglich in
den »Quellen zur Geschichte der Alamannen«

S. Aurelius Victor: Gallienus wehrt die Germanen tatkräftig von Gallien ab (S. 21)53.

Q. Aurelius Symmachus: Aus Liederlichkeit und Feigheit resultiert die Preisgabe der
rechtsrheinischen Provinzen unter Gallienus (S. 29)53.

Scriptores Historiae Augustae: Die üble Person Gallienus ermöglicht den Germanen,
römischen Boden in Besitz zu nehmen. Postumus schlägt die germanischen Stämme aus
Gallien zurück (S.40)53.

Zosimus: Als Gallienus sah, daß die germanischen Völker die am Rhein wohnenden
keltischen Stämme bedrängten, stellte er sich selbst den dortigen Feinden entgegen (S. 57)53.

Chronica Minora: Im Jahr 260, im 8. Jahr des Kaisers Gallienus, verwüsteten die Alamannen
Gallien und zogen dann weiter nach Italien (S. 113)53.

Da in Südwestdeutschland die Reichsteile Gallien und Italien aneinandergrenzten, kann
sich dies alles auf rechtsrheinischem Boden in Südwestdeutschland abgespielt haben.

Nomina provinciarum omnium: Gegenüber von Mainz besaßen die Römer ein Gebiet von
80 Leugen jenseits des Rheins. Diese civitates wurden unter dem Kaiser Gallienus von den
Barbaren besetzt (S. 115)53.

Bis auf diese annalistischen Angaben fehlen zeitgenössische Darstellungen über die Aufgabe
des rechtsrheinischen Gebietes durch die Römer. Seine Aufsiedlung in allen Teilen durch
die im Jahr 213 am Main erstmals erwähnten germanischen Alamannen läßt sich aus den
Schriftquellen nicht ableiten. Nur die letzte der obigen Aussagen gibt Auskunft über die Lage
der an die Barbaren verlorenen Gebiete: Sie lagen in Nordalamannien.

Zwiespältig sind die Aussagen über Gallienus. Postumus, sein Gegenkaiser in Gallien,
kommt in der Kritik besser weg. Gebietsverluste an äußere Feinde waren sichtlich leichter zu
verschmerzen: Möglicherweise weisen die Beschimpfungen des für den südlichen Teil zuständigen
Gallienus darauf hin, daß hier die Empörung von einst reichsangehörigen Barbaren
erfolgreich war. Wenn dies zutrifft - was wissen wir von ihnen? Fast nichts. Woher dann die
Vermutung über alamannische Teilstämme autochthoner Herkunft?

51 B.Kaschau, U.Koch: Ausgrabungen auf dem Runden Berg bei Urach, Kreis Reutlingen,
1967-1984. In: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg. 1984. S. 168.

52 U.Koch: Handwerker in der alamannischen Höhensiedlung auf dem Runden Berg bei Urach. In:
Archäologisches Korrespondenzblatt 14 (1984) S. 99.

53 Quellen zur Geschichte der Alamannen. Übersetzt von C. Dirlmeier, kommentiert von G. Gott-
lieb. Hrsg. v. der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Kommission für Alamannische Altertumskunde
. Bd.l und 2. 1978ff.

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