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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0184
Jürgen Richter

Akten wurden nach dem Tod der Grafen Christoph Karl und Christoph Franz angefertigt, um
den Wert der Erbmasse zu bestimmen.

Zweitens existiert eine Aufstellung der Schulden und der Gläubiger von etwa 176089.
Darin ist auch der Schuldenstand enthalten, den eine kaiserliche Debitkommission für 1752
festgestellt hatte90. Jeder wiederum wurde sogar um die Beträge berichtigt, die von der
Kommission nicht berücksichtigt worden waren.

Somit haben wir die Möglichkeit, uns über etwa ein Jahrhundert hinweg ein Bild von der
finanziellen Situation der Truchsessen von Friedberg-Scheer machen zu können.

Im Vorfeld sind jedoch zum besseren Verständnis noch einige Begriffe zu klären91. Die
Schulden wurden hauptsächlich in zwei Bereiche untergliedert: Kapitalien und Kurrenten. Die
Kapitalien waren - vergleichbar heutigen Krediten - Beträge, die von verschiedenen Geldgebern
, den Kreditoren, aufgenommen wurden. Sie waren jährlich, zu einem vertraglich
vereinbarten Zeitpunkt, mit meist vier bis sechs Prozent zu verzinsen. Sogenannte Zinseszinsen
berechnete man damals nicht. Wenn die fälligen Gelder nicht pünktlich bezahlt wurden,
forderten die Gläubiger sie nach. War dies über mehrere Jahre hinaus der Fall, so addierte man
die Außenstände einfach. Im Inventar von 1718 wurden die Zinsen zum Teil schon gesondert
ausgeworfen. Konsequent aber geschah dies erst in der Aufstellung von 1760. Ferner gab es
Kapitalien, an denen kein »Interesse« bestand. Das heißt, sie waren unverzinslich. Dies blieb
jedoch der Ausnahmefall und betraf in erster Linie einige kirchliche Geldgeber. 1760 fiel
hierunter auch ein Teil der Schulden aus Heiratsgut und Aussteuer92.

Demgegenüber waren die Kurrentschulden generell zinsfrei. Das lag daran, daß es sich hier
dem Charakter nach eher um unbeglichene Rechnungen handelte. Dazu gehörten die Kosten
für Dienstleistungen, Warenlieferungen und Ähnlichem. Kleinere Dienstleistungen, wie
Handwerkerarbeit, Apothekerkosten, Kostgelder und Botenlöhne wurden im Inventar von
1672 noch unter der Rubrik Liedtlöhne aufgeführt. Später differenzierten die Rechnungsgeber
hier nicht mehr und verbuchten solche Außenstände bei den Kurrenten. Waren aber diese
laufenden Kosten schon zu lange unbeglichen, so konnten sie zu Kapitalschulden werden93.

Nach diesen allgemeinen Ausführungen kommen wir jetzt zu den konkreten Beträgen und
ihrer Zusammensetzung94. Das Inventar von 1672 weist etwa 95 500 fl Gesamtschuldenhöhe

Schulden. Beide Inventare enthalten möglicherweise nicht alle Schulden, sondern nur die, welche man
zum jeweiligen Zeitpunkt in Erfahrung bringen konnte. Über die Fehlerquote lassen sich jedoch keine
Angaben machen, da entsprechende Unterlagen fehlen. Mögliche Differenzen können daher bei der
strukturellen Darstellung der Verschuldung nicht berücksichtigt werden.

89 Rep.II, K.X, F. 6, Nr. 1-3.

90 Vgl. dazu Kapitel2.2. dieser Arbeit, hier Anm.87und unten Kapitel6., hier S.212f.

91 Die vorliegenden Begriffsdefinitionen wurden vorwiegend aus den in Anm. 88 und 89 zitierten
Quellen herausgearbeitet. Darüberhinaus empfiehlt sich als geeignetes Hilfsmittel Zedler: Großes
vollständiges Universallexikon. Dort finden sich die Ausdrücke noch, denen in neueren Nachschlagewerken
kaum mehr auf die Spur zu kommen ist. Vor allem aber sind die Angaben aus zeitgenössischer Sicht
gemacht. Daher vermitteln sie am ehesten einen Eindruck von dem, was das Denken des 18. Jahrhunderts
mit den Begriffen verband. Ferner sei verwiesen auf: Grimm: Deutsches Wörterbuch; Haberkern-Wal-
lach: Hilfswörterbuch für Historiker.

92 Das erhellt aus einem entsprechenden, undatierten Verzeichnis. Rep. II, K. X, F. 6, Nr. 1-3. Es ist
wahrscheinlich zwischen 1752 und 1760 erstellt worden, da es von den Beträgen und ihrer Summe her
keinem der beiden Jahre genau zugeordnet werden kann. Dennoch sind Bezüge feststellbar, welche die
oben gemachte Zeitangabe ermöglichen.

93 Das zeigt das Beispiel einer Schuld von 1427 fl 28 x, die bei einem Kanzleiverwalter Pizenberger
anstanden. Sie wurde als dringend eingestuft, da sie sonst verzinslich geworden wäre. Rep. II, K. X, F. 6,
Nr. 1-3.

94 Die gesamten Zahlen sind aus den in Anmerkung 88 und 89 aufgeführten Quellen entnommen, die im
folgenden nicht mehr einzeln zitiert werden. Summen und Prozentangaben wurden daraus errechnet.
Dabei wurden die Beträge der Überschaubarkeit wegen geringfügig gerundet. Das Gesamtbild verfälscht

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