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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0216
Jürgen Richter

man sich auch verschiedentlich darum, bei den Gläubigern Nachlässe zu erwirken275. Dennoch
vermehrten sich die Schulden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts weiter.

Graf Leopold August gelang es dann als erstem, die Ausgaben nennenswert zu reduzieren276
. Aber er sah zunächst dennoch keine andere Möglichkeit, als den Verkauf von
Familienbesitz, um sich Erleichterung zu verschaffen. 1757 wurden deshalb für über 9000 fl
Güter veräußert277. Nach seinem Tod gelang unter der Kondominatsherrschaft sogar ein
noch rascherer Schuldenabbau. Hier wirkte sich entscheidend die Tatsache aus, daß die
Ressourcen des Territoriums - abgesehen von den regulären Ausgaben - nunmehr weitestgehend
zur Befriedigung der Gläubiger dienen konnten. Unter Abzug der Kreditneuaufnahmen
wurden so zwischen 1764 und 1775 allein 67000 fl an Kapital zurückbezahlt278. Mit den
Zinsen zusammen hatte der Schuldendienst noch einen wesentlich größeren Umfang.

Freilich ist hier einzubeziehen, daß in diesem Zeitraum auch eine deutliche Steigerung
der nominalen Einnahmen stattgefunden hat279. Möglicherweise haben inflationäre Entwicklungen
so der Erholung einen gewissen Vorschub geleistet. Dennoch bewies die Höhe der
Tilgungen, wie leistungsfähig die Grafschaft noch war. Unter normalen Umständen hätte sie
sich wohl längerfristig von den Schulden befreien können. Weshalb dies nicht geschah und es
dennoch zum Verkauf kam, wird die Fragestellung des abschließenden Kapitels sein.

Jedenfalls haben die Lösungsansätze gezeigt, daß die Familie sich im Großen und Ganzen
der Tragweite der Schulden bewußt war. Sie hatte, abgesehen von Graf Maximilian Wunibald
, durchaus den Willen, den verschiedenen Problemen, denen sie sich in diesem Zusammenhang
gegenübergestellt sah, von der Wurzel her zu begegnen. Der Nachdruck durch die
kaiserlichen Kommissionen und die Bedrohung durch das österreichische Erzhaus dürften
dabei allerdings sehr entscheidend mitgewirkt haben.

7. WIRTSCHAFT ODER MISSWIRTSCHAFT? - DIE GRÜNDE FÜR DEN VERKAUF
DER GRAFSCHAFT FRIEDBERG-SCHEER IM JAHRE 1785 -
EIN HISTORISCHER VERGLEICH

Am Schluß unserer Betrachtung soll noch einmal die Frage stehen, ob in einem nichtökonomischen
Verhalten die Gründe für den Niedergang der Reichserbtruchsessen von
Friedberg-Scheer zu suchen sind. War der Verkauf letztlich die Konsequenz einer langewährenden
Mißwirtschaft? Tatsächlich hat sich herausgestellt, daß die Schulden der Scheerer
Grafen seit dem 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts immer weiter gewachsen waren. Aber
die Bilanz aus den Rentamtsrechnungen seit 1700 ergab doch, daß die Ressourcen des
Territoriums durchaus ausreichend gewesen sein mußten, um sowohl den bürokratischen als
auch den herrschaftlichen Bedarf zu decken. Freilich stellten die fehlenden Jahrgänge einen
großen Unsicherheitsfaktor dar. In der Tendenz zeichnete sich aber doch ab, daß unter
Ausschluß des Schuldendienstes immer noch Gewinn erwirtschaftet wurde. Zumindest kann
man so mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die Hofhaltung, aber auch der sonstige

275 So lauteten z.B. Vorschläge zur Familienkonferenz vom l.Juni 1686. Rep.II, K.II, F.23, Nr.5.
Auch in den Remarques aus den Fünfzigerjahren des 18. Jahrhunderts kam dergleichen zum Ausdruck.
Rep. II, K. X, F. 6, Nr. 1-3. Tatsächlich konnte man gelegentlich wohl wenigstens eine niederere Verzinsung
erlangen. So z.B. beim Pfarrer von Scheer am 30. April 1755 von 5 auf 4%. Dies geht aus einer
Beilage zum Protokoll der Familienkonferenz vom 17. bis 25.Oktober 1764 hervor. Rep.II, K.II, F.23,
Nr. 12.

276 Vgl. dazu Kapitel4.3. dieser Arbeit, hier bes. S. 199.

277 Laut den Angaben der Rentamtsrechnungen von 1757/58. Rep.I, F. 2, Nr. 234, 235.

278 Vgl. dazu die »Tabelle zum Verhältnis von Kapitalneuaufnahme und Tilgung nach 1764«. Anhang 8.

279 Vgl. dazu die »Tabelle der regulären Einnahmen im 18.Jahrhundert«. Anhang3.

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