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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1990/0246
Neues Schrifttum

Seine Aktivitäten brachten Reinhard in Kontakt mit einer Reihe einflußreicher Persönlichkeiten, von
denen ihm Sieyes den Weg in den diplomatischen Dienst ebnete. Seine spezifische Stellung, aus der er als
Deutscher in Frankreich beziehungsweise als Franzose in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten
wirken sollte, macht aus Reinhard einen hochinteressanten Zeitzeugen, um so mehr, als er nie das
Weltbürgertum der Aufklärung aufgegeben und zu keiner Zeit nationale Gefühle gehegt hat. An den
Gesandtschaften in London und Neapel sowie als Abteilungsleiter in Paris verdiente er sich seine
diplomatischen Sporen. Seine erste selbständige Gesandtschaft in Hamburg 1795-1798 brachte Reinhard
nicht nur nach Deutschland zurück, sondern vermittelte ihm auch über den Kontakt mit dem Hamburger
Kaufmann Georg Heinrich Sieveking den Zugang in dessen Freundeskreis, in dem er viele Gleichgesinnte
und Persönlichkeiten des deutschen Geisteslebens kennenlernte. Uberhaupt pflegte Reinhard neben
seinem politischen Beruf zeitlebens auch den literarisch-philosophischen Austausch: Genannt seien
Friedrich Stäudlin, Karl Philipp Conz, Friedrich Heinrich Jacobi, Friedrich Schlegel, Sulpiz Boisseree,
Johannes von Müller, Ignaz Heinrich von Wessenberg und nicht zuletzt Johann Wolfgang von Goethe,
dessen Humanitätsideal er sich stets verpflichtet fühlte. Die sich an den Hamburger Aufenthalt anschließende
Mission in der Toskana sah Reinhard unversehens stärksten Herausforderungen ausgesetzt, fiel sie
doch mitten in die gewaltsamen Auseinandersetzungen auf dem italienischen Kriegsschauplatz. Demgegenüber
war seine 1799 erfolgte Berufung als Außenminister nur scheinbar ein Höhepunkt seiner
Karriere: Reinhard selbst war bald klar, daß er nicht mehr war als ein Ubergangsminister; dem Drängen
Talleyrands auf den Posten hatte er nichts entgegenzusetzen. Die Stelle eines Gesandten in Bern wurde für
Reinhard zu einem krassen Mißerfolg, gelang es ihm doch in keiner Weise, in Anbetracht der stark
polarisierten Parteiungen im Sinne Frankreichs zu vermitteln. Auch die folgende zweite Gesandtschaft in
Hamburg 1801-1805 erwies sich eher als Fehlschlag, der Reinhard schließlich die Versetzung in den
rumänisch-russischen Grenzraum einbrachte. Schien die Legation im Königreich Westfalen 1808-1813
zunächst für Reinhard die Erfüllung seiner Ideale mit sich zu bringen, so mußte er doch im Laufe der
Jahre schmerzlich registrieren, wie sehr die hochgespannten Erwartungen an dieses Modell eines Rheinbundstaates
von der Realität eines durch eine herrschende Clique ausgebeuteten Landes divergierten. Die
Erfordernisse der »Realpolitik« machten ihm zudem bewußt, an welche Grenzen er mit seinen aufgeklärten
Idealen stoßen mußte.

Reinhards konsequente und loyale, bei aller politischen Überzeugung indes nie verletzende oder
polarisierende Haltung half ihm, nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches auch durch die Bourbonen
weitere Verwendung im diplomatischen Dienst zu finden. Als Gesandter Frankreichs beim Deutschen
Bund erwies er sich 1815-1829 in diesen Jahren des Wiedereintritts Frankreichs unter die europäischen
Mächte erneut als ein genauer Beobachter der sich hier niederschlagenden, dem preußisch-österreichischen
Dualismus zunehmend ausgelieferten Politik der Staaten des Deutschen Bundes. Seine Karriere
beschloß Reinhard schließlich 1829-1832 bis zu seiner Pensionierung als Gesandter am sächsischen Hof.

Deliniere vermittelt uns in seiner detaillierten Darstellung das facettenreiche und dichte Lebensbild
eines Deutschen in französischen Diensten, der immer Diplomat und Aufklärer gewesen ist. Wir erhalten
somit einen Einblick nicht nur in die Chancen und Möglichkeiten französischer Diplomatie »vor Ort«,
sondern auch - begründet in der spezifischen Disposition Reinhards - in den geistigen und literarischen
Austausch innerhalb des deutschen Bildungsbürgertums.

Sigmaringen Wolfgang Schaffer

Christoph Bizer, Rolf Götz: Vergessene Burgen der Schwäbischen Alb. Zeichnungen von Christoph
Stauß. Stuttgart: DRW-Verlag 1989. 135 S., 102 Abb., davon 91 in Farbe.

Das Buch will ausdrücklich hochmittelalterliche Adelsburgen vorstellen, »die in der orts- und
landeskundlichen Literatur nicht erscheinen oder auf die es nur unsichere Hinweise wie Flurnamen und
Sagen gibt« (S. 6), sowie wenig bekannte Anlagen und solche, deren Entstehung und Funktion nur
unzulänglich überliefert sind. Eine vollständige und systematische Erfassung ist nicht beabsichtigt.
Vielmehr wurden Burgen aufgenommen, »die den Verfassern und ihren Informanten räumlich oder
sachlich nahe lagen, weiterhin solche Burgen, von denen wesentlich neue Erkenntnisse (vielfach noch
unpubliziert) vorliegen, und schließlich Burgen, die durch ihre Lage, das Aussehen oder die Anordnung
der Bauteile oder durch andere Besonderheiten einen Besuch lohnen« (S. 6). Ziel der Verfasser ist,
Beispiele verschiedenster Burgformen von allen Teilen der Alb zu präsentieren und damit Aufmerksamkeit
und Interesse auf bislang wenig beachtete Burgen zu lenken - wobei der räumliche Bezug »Alb« so

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