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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1991/0096
Otto H. Becker

noch sehen werden, weiterzuentwickeln. Vor allem aber verstand es die Narrenzunft, mit
ihren »Vetter-Guser«-Bällen an die großen Erfolge der Fremdensitzungen der Vorkriegszeit
anzuknüpfen, die zunächst im Deutschen Haus und ab 1955 wieder in der Stadthalle, der
»Narrenscheune«, veranstaltet werden konnten. Der Zulauf zu den inzwischen auch gesellschaftlich
bedeutsamen Sitzungen wurde alsbald so groß, daß diese wie in der Vorkriegszeit
regelmäßig wiederholt werden mußten. Ursprünglich fand jeweils eine Veranstaltung am
Samstag und am Sonntag statt; seit ca. 10 Jahren wird am Fastnachtssamstag sowohl nachmittags
als auch abends ein Ball aufgeführt. Eine wesentliche Bereicherung haben diese närrischen
Veranstaltungen vor allem auch durch den Spielmanns- und Fanfarenzug Sigmaringen e. V.
erfahren, der am 11. November 1970 auf Initiative des »Vetter Guser« aus dem erweiterten
Pfeifer- und Trommlerzug hervorgegangen ist.

Der Verlauf der »Vetter-Guser«-Bälle ist in den vierzig Jahren seit der Wiedergründung
der Narrenzunft fast schon zu einem festen Ritual geworden. Nach dem Einmarsch des
Spielmanns- und Fanfarenzugs hält der Präsident, seit 1954 Franz Prinz von Hohenzollern, in
Begleitung von zwei Pagen, des Zunftmeisters und des hohen Elferrates, der Bräutlingsgesel-
len und den Fledermäusen seinen Einzug in die närrisch ausgeschmückte und bis auf den
letzten Platz besetzte Stadthalle. Dann begrüßt der Präsident die versammelte Narrenschar
und die darunter befindlichen Vertreter aus Politik, der Kommunal- und Landesbehörden und
der Bundeswehr und verkündet das jeweilige Motto des »Vetter-Guser«-Abends, wovon hier
einige in Erinnerung gerufen werden sollen: »Narrenschiff auf großer Fahrt« (1953), »Der
Zirkus Vegusi« (1963), »Palast-Hotel« (1964), »Nauf auf d'stang and the yellow submarine«
(1967), »Semmerenger Airport« (1979), »Mit Vetter Guser, des isch wohr - geht's närrisch in
die 80er Johr« (1980) und »Nalli, nallo - alle walen da!« (1988).

Besonders feierlich wird es dann, wenn der Präsident oder der Zunftmeister Männer und
Frauen, die sich um die Sigmaringer Fastnacht verdient gemacht haben, mit dem Fledermausorden
oder mit dem Verdienstorden auszeichnet. Denkwürdig waren 1960 die Verleihung des
»Vetter Guser«-Ordens durch den damaligen Ehrenpräsidenten Fürst Friedrich von Hohenzollern
an seine zukünftige Schwiegertochter, die Prinzessin Birgitta von Schweden, oder 1968
die Dekorierung des Brauereibesitzers Alexander Fleischhut mit dem Sonderklasse-Vetter-
Guser-Orden für seine 40jährigen Verdienste um die Semmeringer Straßenfasnet.

Dann wird non stop ein zweieinhalb- bis dreistündiges Potpourri, bestehend aus witzigen,
humorvollen und einfallsreichen Büttenreden, Clownszenen, Balletteinlagen, Sprech- und
Musikdarbietungen geboten, die, jeweils von einem kessen Nummerngirl angezeigt, die
Stimmung in der »Narrenscheune« fast regelmäßig am Uberschwappen bringt.

Die gute Mischung aus unterhaltenden und humorvoll-kritischen Beiträgen, vornehmlich
zum Sigmaringer Stadtgeschehen, in denen der gute Geschmack so gut wie nie verletzt wird,
und vor allem auch die profihaften Darbietungen bei den »Vetter Guser«-Bällen werden
nahezu jedes Jahr von der Presse mit wahren Superlativen bedacht. Obwohl die »Vetter
Guser«-Abende stets als Gesamtleistung aller auf und hinter der Bühne agierenden Zunftmitglieder
gewertet werden müssen, waren es jedoch immer wieder einzelne Sigmaringer Fastnachtsnarren
, welche die Szene bestimmten.

In den 50er Jahren waren dies vor allem Originale wie der Ehrenpräsident Eugen Müller,
der 1957 mit 78 Jahren zum letzten Mal in die Bütt stieg, und der Präsident Edi Gauggel.
Hinzu kam dann auch noch der Zunftmeister Hermann »Zeno« Frank und das Duo Anton
Beck und Georg Ott, die als Drehorgelmänner bzw. als Musikclowns mit viel Witz und
Humor das Stadtgeschehen glossierten.

Ende der 50er Jahre stiegen dann Josef »Sepp« Gayer und Franz Kienzle, der als
Zunftmeister von 1965 bis 1985 die Sigmaringer Fastnacht maßgeblich beeinflußt hat, zur
ersten Garnitur der »Vetter Guser«-Truppe auf. Sepp Gayer vermochte fast dreißig Jahre lang
mit seinen Musikparodien wie z.B. »C'est magnifique« (1957), »Balla-Balla« (1966) und
»Chanson d'amour« (1980) oder als »Satchmo« Louis Armstrong, aber auch mit Auftritten

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