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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1992/0098
Ulrike Elisabeth Weiß

St. Anna als eine Art hohenzollerisches »Klein-Zwiefalten« plante. Selbst die Daten scheinen
diese Annahme zu untermauern: Am 18. Oktober 1752 nahm der Fürst an den großen
Einweihungsfeierlichkeiten der - noch keineswegs vollständig ausgestatteten - Klosterkirche
teil64. Im Frühjahr des folgenden Jahres, also mit Beginn der neuen Bausaison, setzten die
Bauvorbereitungen für die neue St. Anna-Kirche ein. Ob der Fürst vor dem Hintergrund solch
hochgespannter Erwartungen wohl mit Weckenmanns Arbeit zufrieden war? Es scheint
zumindest so, denn er beschäftigte ihn auch weiterhin bei allen bildhauerischen Aufträgen, die
er zu vergeben hatte.

4. ST. ANNA UND ZWIEFALTEN

Zwischen dem ehrgeizigen Bauprojekt des Fürsten Joseph von Hohenzollern-Sigmarin-
gen, St. Anna, und der neuen Zwiefaltener Klosterkirche bestehen vielfältige, allerdings nur
teilweise gesicherte künstlerische Beziehungen.

4.1 Der Architekt

Die Frage nach dem Architekten von St. Anna wurde immer wieder erörtert. Leider haben
sich keine Bauakten erhalten. Eine Beteiligung des lokalen Baumeisters, Christian Großbayer
(1718-1782)65, eventuell als Bauleiter vor Ort, ist wohl anzunehmen, doch mag man ihm, der
sonst meist einfache Dorfkirchen baute66, den Entwurf und die Konzeption für St. Anna nicht
recht zutrauen. Ein in Obermarchtal ansässiger Vorarlberger, Tiberius Moosbrugger
(1727-1799), erhielt 1757 eine Zahlung in leider unbekannter Höhe, u.a. für einen Riß und ein
Modell für St. Anna. Zwischen 1754 und 1768 wurden ihm für nicht näher bezeichnete
Arbeiten von der fürstlichen Rentei 782 Gulden ausbezahlt67. Moosbrugger scheint in Obermarchtal
eine ähnliche Stellung gehabt zu haben wie der um zehn Jahre ältere Großbayer in
Haigerloch. Er war Maurer und Steinhauermeister, gleichzeitig Wirt, baute verschiedene
einfache Dorfkirchen und war mehrmals örtlicher Bauleiter bei Bauten Bagnatos68. Zwischen
1767 und 1769 erstellte Großbayer den Neubau der Pfarrkirche in Melchingen nach einem Riß
von Moosbrugger, doch mit ein so ander abänderung, wie es im Vertrag heißt69. Ob der
ausgeführte Bau nun eher Moosbruggers oder Großbayers Ideen wiederspiegelt, ist ungewiß.
Die Gestaltung, auch des Innenraums, paßt gut zu anderen Großbayer-Bauten der Zeit70.

Gerade im Vergleich mit diesen schlichten Maurermeister-Kirchen wird jedoch augenfällig
, daß für St. Anna ein ganz anderer Entwurf vorgelegen haben muß. Hier ist der Raum nicht
aus einzelnen Bestandteilen zusammengesetzt, sondern die verschiedenen Raumteile wachsen
harmonisch ineinander, die Pilaster sind nicht wie zufällig an die Wände geklebt, sondern

64 Baumann, Zwiefalten S. 217.

65 Zu Großbayer vgl. Laur S. 27-30, Hannmann/Steim, darin zu St. Anna S. 32 f.

66 Auch die Augustinerklosterkirche in Oberndorf (1774-78), die für ihn nachgewiesen ist, ist ein
»relativ spannungsloser Raum« und zeigt in den die Ecken umgreifenden Pilastern, dem flachen Gewölbe
mit Stichkappen und - vor allem - dem dreipaßförmigen, flachgedrückten Chorbogen »Motive, die in
ähnlicher Weise bei fast allen von Großbayer erbauten Kirchen wiederkehren« (Hannmann/Steim S. 43).

67 Maier, Profile S. 29 und Genzmer, St. Anna 1955 S. 204.

68 Klostergebäude in Obermarchtal 1747-53, Umbau der Andreaskirche auf dem Ammerhof bei
Tübingen 1765-67 (Hannmann/Steim S. 33 und Anm. 110; Genzmer, St. Anna 1955 S.204).

69 Vertrag teilweise zitiert bei Genzmer, Hechingen S. 238; erwähnt und belegt (Fürstl. Fürstenbergi-
sches Archiv Donaueschingen, Abt. Ecclesiastica [+83], Fase. V/2 Melchingen) bei Hannmann/Steim
S.37 und Anm. 116. Großbayer tritt bei dem Bau als Unternehmer auf, der die Handwerker für die
Innenausstattung zu entlohnen hat (Hannmann/Steim S. 37-39).

70 Hirrlingen, Frommenhausen und, nur zwei Nummern größer, Oberndorf. Abb. bei Hannmann/
Steim S. 77-81.

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