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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0021
Eine vergessene Reichsstraße Tübingen-Rottweil-Schaffhausen

Von hohem Interesse als Zubringer von Nordwesten für unseren Fernweg aus dem Raum
Tübingen nach Süden ist das »Rheinsträßle«. Die Karte X 1 im Historischen Atlas9 verzeichnet
es wie Weller1 unter den württembergischen Geleitstraßen. Weller sieht in diesem Altweg
eine Verbindung vom Rhein zur Donau und gibt so eine Namensdeutung für die Bezeichnung
, die heute noch zwischen Malmsheim und Dagersheim lebendig ist. Als Stationen gibt er
an: Speyer, Pforzheim, Heimsheim, Malmsheim, Dagersheim, Altdorf, Lustnau, Pfullingen,
Hayingen, Zwiefalten, Riedlingen. Nägele dagegen läßt das Rheinsträßle bereits bei Lustnau
am Necker enden40, obwohl sich jenseits des Flusses in der »Ackersteige« ein alter Anstieg ins
Albvorland abzeichnet.

Urkundlich wird die Via Rheni durch den Schönbuch erstmals 1191 in der Stiftungsurkunde
des Klosters Bebenhausen genannt41. Ihre Bedeutung zu erfassen und eine Datierung
zu versuchen hat Jänichen42 im Zusammenhang mit den Huntaren unternommen, das heißt
mit Gebietsbezeichnungen aus der Zeit der fränkischen Durchdringung Alamanniens. Seiner
Meinung nach verband die Straße die Glehuntare im Schönbuch mit der Munigiseshuntare auf
der Albhochfläche, ähnlich wie dies auf einen entsprechenden Straßenzug entlang der Donau
und die dortigen Huntare zutraf. Diese Überlegungen vertiefte Jänichen in seiner Geschichte
des Schönbuchs als Nachtrag, da er Ereignisse vor dem Jahr 1000 als urkundlich nicht
abgesichert und nur aus Kombinationen gefolgert ansah43.

Einen wichtigen Hinweis auf das hohe Alter der Straße sieht Jänichen im Flurnamen
»Krenhildenweg«, der im Verlauf des Rheinsträßles auf Markung Böblingen auftritt. Die
gleiche Bezeichnung findet er auch dreimal an der Donautalstraße: Krimhiltenweg am Ende
des Aitrachtals, Kriemhildstraß bei Eningen und Kremhildenstraß im Kreis Ulm. Straßen in
Alamannien, die zum Teil auf römische Straßen zurückgehen, führen mehrfach alte Bezeichnungen
, die mit weiblichen Namen aus der deutschen Heldensage zusammengesetzt sind. Ein
Teilstück der Donautalstraße bei Emerkingen wird »Frau Hilgartenstraße« genannt. An der
Römerstraße über den Kleinen Heuberg finden sich die Bezeichnungen »Herchenweg« und
»Herchenstein«. Aus dem Schaffhauser Stadtbuch belegt Sauter44 für die Altstraße aus der
Baar zum Randen durch das Blumberger Ried 1470 den Namen »Kremhiltenweg«, 1507
»Gruenhiltenweg« aus dem Fürstenbergischen Urkundenbuch. Diese Namen besitzen Parallelen
in Frankreich. Hier wurden römerzeitliche Straßen nach ihren weiblichen Schutzgottheiten
benannt, zum Beispiel die »chemins de Melusine« im Poitou, die »chemins de Brunnissen«
im Raum Bordeaux und die »chaussees de Brunhaut« in Ostfrankreich und der Ile-de-France.
Bei letzteren ist wohl ein älterer Name durch den der germanischen Brunhilde ersetzt
worden45.

Auch wenn an vielen Stellen derartige Straßenbezeichnungen an Römerstraßen haften, läßt
sich daraus eine Datierung des Rheinsträßles in die römische Zeit nicht ableiten. Eine solche

40 Nägele: Zu den alten Straßen (wie Anm. 6).

41 Württembergisches Urkundenbuch 2. S. 270. Erheblich weiter in die Vergangenheit zurück führt die
Tatsache, daß in Renningen bei Malmsheim der Stapelplatz für die Abgaben lag, welche aus Oberschwaben
an das Kloster Weißenburg im Elsaß zu liefern waren. Nach Alfons Schäfer: Weißenburger
Fiskalzehnt und fränkisches Königsgut. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 25 (1966)
S. 13-34 soll der Besitz dieses linksrheinischen fränkischen Reichsklosters im Heistergau auf königliche
Schenkung der frühen Karolinger zurückgehen. Im Zusammenhang mit einem Fernweg, der damals schon
existiert haben muß, ist die Bestimmung zu sehen, die Klosterleuten sowohl bei Renningen als auch im
Heistergau um Bad Waldsee die Stellung von »Postpferden« auferlegte.

42 Hans Jänichen: Baar und Huntari: In: Grundfragen der alemannischen Geschichte (Vorträge und
Forschungen 1. Mainau-Vorträge 1952). 1955.

43 Hans Jänichen: Zur Geschichte des Schönbuchs. In: Der Schönbuch. Beiträge zu seiner landeskundlichen
Erforschung. 1969. S.49, bes. S.60ff.

44 Wie Anm. 34, S. 29 mit Anm. 14.

45 Jean Markale: Die keltische Frau. 1984. S.55.

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