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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0026
Hans-Dieter Lehmann

von De l'Isle (Augsburg 1704). Sie ist sehr fehlerhaft, nach Nägele*5 völlig unglaubwürdig.
Immerhin verzeichnet sie die Straße Tübingen-Derendingen-Dußlingen-Bodelshausen-He-
chingen als links der Steinlach laufend, wie aus dem bei Nägele wiedergegebenen Ausschnitt
deutlich zu erkennen ist. Die Gestalt des alten Ortskerns von Ofterdingen links der Steinlach läßt
sich kaum als Argument anführen. Der mächtige Straßendamm der heutigen Bundesstraße in der
Talaue rechts vom Fluß geht auf die Neuanlage der Schweizerstraße zurück. Die Trasse, die die
alten Ortskerne von Ofterdingen und Dußlingen mied, ist längst von den ausgreifenden
Ortschaften übersprungen worden.

Völlig ins Abseits geraten ist der alte Aufstieg unseres Fernweges aus dem Neckartal in das
Albvorland. Im Gegensatz zur neuzeitlichen Straße hatte der alte Weg das feuchte Engtal
gemieden, in welchem die Steinlach und ihr Zulauf Wiesaz die Keuperberge durchbrechen. Wie es
für frühe Wege charakteristisch ist, hatte er möglichst rasch die Höhe gewonnen und dabei einen
steilen Anstieg in Kauf genommen. Beachtliche Hohlwegfächer legen davon Zeugnis ab, die in
einem zum Neckartal sich öffnenden Seitental südlich Weilheim in die bewaldeten Keuperhänge
eingefressen sind. Bei Weilheim im Neckartal fällt die merkwürdige Ausrichtung des Dorfes auf.
Der Form nach ein typisches Straßendorf, erstreckt es sich merkwürdigerweise senkrecht zum
Fluß und zu der Straße Rottenburg - Derendingen. Der Ort wird von der Neckartalstraße nur am
Nordende berührt. In den Kern hinein führt heute noch die »Alte Landstraße«. Diese
Ausrichtung der Siedlung sowie die südlich davon auftretenden Flurnamen »Alte Gasse« und
»Dußlinger Weg« zeigen den alten Rammertübergang an. Jenseits der Keuperhöhen erklärt diese
Wegführung-in einiger Entfernung am Eckhof vorbei-vielleicht die Lage der Kirche St. Peter in
Dußlingen ganz am nördlichen Rand des Dorfes. Die Kirche wird bereits 888 in einer St. Galler
Tradition erwähnt56.

Der Fernweg mied in dieser Führung nicht nur das Engtal der Steinlach, sondern vor allem
auch die sumpfige Niederung an deren Mündung in den Neckar. Er überschritt den Neckar weiter
oben bei Weilheim. Dies wurde durch eine das Neckartal querende Steinbank bei der Flur
»Kirchhof« erleichtert. Unmittelbar über dieser Furt, zu welcher sich Nägele*7 mangels direkter
archäologischer Zeugnisse nur vorsichtig äußerte, erhebt sich die Ödenburg, ein ins Neckanal
vorstoßender Ausläufer des Spitzberges mit umfassender Aussicht. Neben spärlichen hallstatt-
zeitlichen Resten und römischen Ziegeln kamen hier auch mittelalterliche Mauern zum
Vorschein. Schon 1310 wird der Platz aber als Burgstall, das heißt als verlassen bezeichnet58,59,6°.
Die topographischen Gegebenheiten der linken Neckartalseite in Tübingen und alte Straßenbezeichnungen
sprechen dafür, daß der weitere Verlauf des Weges unter dem Schloßberg entlang
über den Sattel im Zentrum des heutigen Tübingen ging und Anschluß an die Straße durchs
Ammertal nach Lustnau fand61. Eimer62 hatte diese frühe Verkehrsstraße nach Süden in
Tübingen nicht feststellen können und ihre Existenz bestritten. Siedlung und Pfalzgrafensitz
verdanken dieser mittelalterlichen Fernstraße vom Rhein zu den Alpen ihre Entwicklung.

Oben wurden Gründe für die Behauptung erörtert, daß dieser Fernweg auf das frühe
Mittelalter zurückgeht. Aus Orts- und Flurnamen läßt sich dies belegen.

55 Eugen Nägele: Tübingen und Umgebung im Kartenbilde. Tübinger Blätter 3/4 (1901) S.48.

56 Württembergisches Urkundenbuch 1, S. 270.

57 Nägele: Vorgeschichtliche Altertümer (wie Anm. 6) S. 48.

58 Peter Goessler: Das Burgholz an der Reutlinger Steige bei Tübingen. In: Zeitschrift für württembergische
Landesgeschichte 8 (1944-1948) S. 1 f.

59 Gerhard Wein: Mittelalterliche Burgen auf dem Ammerberg. 1. Die Ödenburg. In: Der Spitzberg
bei Tübingen. Die Natur- und Landschaftsschutzgebiete Baden-Württembergs 3.1966. S. 3-7.

60 Hermann Rumpp: Die Flurnamen von Tübingen in ihrer sprachlichen und siedlungstechnischen
Bedeutung. Dissertation Tübingen 1971.

61 Hans-Dieter Lehmann: Das frühe Tübingen: Burg und Markt an einer vergessenen Reichsstraße (in
Vorbereitung).

62 Wie Anm. 2.

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