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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0029
Eine vergessene Reichsstraße Tübingen-Rottweil-Schaffhausen

Dieser Fernstraße fällt in dem von Jänichen skizzierten System74 eine Schlüsselrolle zu. Als
Reichsstraße wurde sie später von den Herrschern des Mittelalters benutzt, wenn sie den
Königshof Rottweil aufsuchten.

TÜBINGEN UND SEINE FRÜHEN VERBINDUNGEN NACH SÜDEN

Ein Prüfstein dafür, daß schon vor dem Bau der Schweizerstraße eine Fernverbindung
über Rottweil und Schaffhausen nach Zürich bestanden hat, sind die Verhältnisse am
behaupteten Ausgangspunkt Tübingen.

Die alten Karten des Tübinger Raumes hat Nägele75 zusammengestellt. In der Frühzeit
weisen nur wenige davon Straßen und Wege auf. Derjenigen von Joh. Stridbeck »Tübingen mit
der Gegend auf 2 Stund« (um 1700) verleiht Nägele zu Recht das Prädikat »außerordentlich
fehlerhaft«. Sie verzeichnet von Tübingen über Bläsibad und Dußlingen einen Weg entlang der
Steinlach, welcher achtmal das Ufer wechselt. Zur »Wisten Mühl« an der Starzel - westlich
von Ofterdingen eingetragen - besteht durch den Wald keine Verbindung. Die Karte von De
l'Isle »Pars Sueviae Australi« (Augsburg 1704) übernimmt die Schreibfehler der vorstehenden
Karte (z. B. Kultberg für Kilchberg) und ist auch sonst mit Vorsicht zu betrachten. Immerhin
verzeichnet sie die Straße Tübingen-Ofterdingen-Hechingen durchweg auf dem linken Ufer
der Steinlach.

Die erste zuverlässige Karte ist die Darstellung von Bohnenberger um 1800. Klar erscheint
hier die Schweizerstraße: von Dettenhausen durch den Schönbuch nach Lustnau laufend, hier
die Straße von Weil im Schönbuch über Bebenhausen aufnehmend, durch Tübingen und dann
rechts der Steinlach weiter nach Dußlingen. Ebenfalls als Straßen ausgewiesen sind die
Verbindungen von Unterjesingen durch das Ammertal am nördlichen Ufer bis Lustnau sowie
von Rottenburg/Ehingen südlich vom Neckar über Kiebingen, Bühl und Kilchberg nach
Tübingen. Letztere biegt bei Weilheim, welches südlich abseits bleibt, scharf nach Norden

74 In Jänichens Argumentation (Hans Jänichen: Baar und Huntari. In: Grundfragen der alemannischen
Geschichte [Vorträge und Forschungen 1] 1955) kommt dem Ortsnamen »Hundersingen« eine besondere
Bedeutung zu. Im Raum an der Donau, der durch die Fortsetzung des »Rheinsträßle« erschlossen wird,
liegen drei Siedlungen dieses Namens nur wenige Kilometer voneinander entfernt: an der Großen Lauter
im Kreis Reutlingen, über der Donau im Kreis Sigmaringen und als Ortsteil von Oberstadion im Alb-
Donaukreis. Auch Hondingen unter dem Fürstenberg (817 Huntingun) verbindet jänichen mit hunteri als
Bezeichnung des fränkischen Centurio oder Zentenars. Reichardt (Lutz Reichardt: Ortsnamenbuch des
Alb-Donaukreises und des Stadtkreises Ulm. 1986. S. 162) hält dies für sprachlich nicht haltbar, hält aber
am Zusammenhang mit Huntare als Gebietsbezeichnung fest (vgl. Peter von Polenz: Landschafts- und
Bezirksnamen im frühmittelalterlichen Deutschland 1. 1961. S. 157f.). In der Pfalz sind nach Cbristmann^
zahlreiche Flurnamen aus althochdeutsch hundo, hunno für Hundertschaftsführer als Richter, später
Gerichtsbüttel, ableitbar. Eine Schlüsselrolle im Wegesystem bei Tübingen kommt der Verzweigung bei
Lustnau unter dem »Hundskapf« zu. Diese Flurbezeichnung trägt eine vom Österberg vorspringende
Warte über der Mündung der Ammer in den Neckar, dem seit alters benutzten Flußübergang beim
abgegangenen Stiffurt. »Kapf« bedeutet eindeutig »Warte«. Rumpp (Anm. 60) läßt offen, ob das Bestimmungswort
hier von der Tierbezeichnung oder vom Hundertschaftsführer abzuleiten ist. Merkwürdigerweise
sind die bei ihm für 1567, 1716 und 1754 angegebenen Urkundenbelege noch lautlich unverschoben:
»Hundskappe«. Entsprechende Bezeichnungen für Warten an Altwegen finden sich in Altsachsen (H.-D.
Lehmann: Flurnamen an frühen Wegen im Bergland des südlichen Altsachsens. In: Northeimer Jahrbuch
54 [1989] S. 81 ff.). Dort können die Namen allenfalls in die Zeit der Karolinger zurückgehen. Sie sind dort
also später als die Masse der Kapf-Flurnamen in Alamannien, die ursprünglich eine andere Funktion
besitzen und im Bereich der heidnischen Glaubensvorstellungen angesiedelt sind; vgl. Hans-Dieter
Lehmann: Spurensuche in der Großstadt: von Kapfen, Spielbergen und Wirtenbergen. Flurnamen als
Geschichtsquelle für das frühe Mittelalter im Raum Stuttgart. In: Beiträge zur Namensforschung NF 26
(1991) S. 186-214.

75 Eugen Nägele (wie Anm. 55) S. 42-49. Die Stierlin-Karte von 1717 ist bei Nägele nicht erwähnt.

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