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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0103
MICHAEL MATZKE

Die Beuroner Gnadenkapelle - ein Hauptwerk
der »Beuroner Kunstschule«

L EINLEITUNG

Ist der Zweck der Kunstschöpfung nicht deren innere Seele? Was tut aber Herr Lenz? ...Ist
nicht St. Maurus eher für einen heidnischen Kult zweckdienlich Der christliche Kult, weil
Gottesdienst der ganzen Gemeinde, die das Volk Gottes, die Familie Gottes bildet ...er klebt
sie an, wo, wie er kann. Alle diese Bedürfnisse sind ihm notwendige Übel1.

Wenn man sich mit der Gnadenkapelle der Erzabtei Beuron in Hohenzollern beschäftigen
will, sieht man sich automatisch mit einem großen Hindernis konfrontiert: Obwohl der Bau
mit großem, aufsehenerregendem Zeremoniell eingeweiht wurde und bis heute seine Funktion
als Pilger-Kapelle erfüllt, ist kaum Literatur über diese Kapelle zu finden. Selbst in dem
vorletzten Führer der Abtei- und Wallfahrtskirche Beuron nimmt der eigentlich auffällige Bau
der Gnadenkapelle nur zwei Seiten ein, davon das Gnadenbild selbst schon eine Seite2.
Demgegenüber erfreut sich ein weiteres der wenigen noch existierenden Hauptwerke der
»Beuroner Kunst«, die Mauruskapelle in der Nähe Beurons, vor allem wieder in jüngster Zeit
großen Interesses seitens der Kunstgeschichte, obgleich sie abgelegen liegt und als Votivka-
pelle noch nie eine solch große und publikumswirksame Funktion erfüllte wie die ca. 30 Jahre
später erbaute Gnadenkapelle. Denn die Mauruskapelle gilt als das Credo der »Begründer« der
sogenannten »Beuroner Kunstschule«, Peter/Desiderius Lenz und Jakob/Gabriel Wüger, die
in Zeiten katholischer Aufbruchstimmung und künstlerischer Orientierungssuche versuchten,
einen neuen kirchlichen Stil zu schaffen, der gegen künstlerischen und religiösen Subjektivismus
und Individualismus gerichtet und daher nach objektiven Maßgaben, dem »Kanon«,
gestaltet sein sollte3. Die Gnadenkapelle ist - scheinbar - nach den Regeln dieser neuen
kirchlichen Kunst gestaltet, und zwar unter der Leitung des ersten und letzten Direktors der
»Beuroner Kunstschule«, P. Paul Krebs. Trotzdem findet sie auch in der jüngsten Diskussion
um die Erneuerung kirchlicher Kunst um 1900 keine Beachtung.

Worin unterscheiden sich diese zwei Kapellen? Was läßt sich von daher über die Beuroner
Kunstschule aussagen?

1 Aus einem Brief des Erzabtes Maurus Wolter an seinen Bruder Placidus vom 8. 5. 1874, s. hierzu
A.Dreher: Zur Beuroner Kunst. In: Beuron. 1863-1963. Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der
Erzabtei St. Martin. Beuron 1963. S. 358-394, hier zit. S.362.

2 Abtei- und Wallfahrtskirche Beuron. Beuron 71985. S. 19f. Die einzige ausführliche Abhandlung über
die Gnadenkapelle: P.Gallus Schwind: Das Beuroner Gnadenbild, T.I. In: Benediktinische Monatsschrift
22 (1946) S.77-80, S. 154-160, S.220-225; T.II: Ebd. S.295-302; T.III: In: Benediktin.
Monatsschr. 23 (1947) S. 87-91, S. 155-163. Doch auch dieser mehrteilige Aufsatz handelt vorwiegend
über das Gnadenbild und seine Wallfahrt.

3 Vor allem Harald Siebenmorgen: Die Anfänge der Beuroner »Kunstschule«. Peter Lenz und Jakob
Wüger 1850-1875. Sigmaringen 1983, und Adolf Smitmans: Die christliche Malerei im Ausgang des
19. Jahrhunderts - Theorie und Kritik (= Kölner Forschungen zu Kunst und Altertum, 2). St. Augustin
1980 haben gerade auf die Frühzeit der »Beuroner Kunst« die Aufmerksamkeit und Diskussion über
kirchliche Kunst um 1900 gelenkt.

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