Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0108
Michael Matzke

zurück, da er sich als die Erfüllung des Alten Bundes und seiner Verheißungen bezeichnete19.
Daher griffen schon Petrus und vor allem Augustinus auf diese Methode der Schriftdeutung
zurück, um gegen damalige Häresien die Gültigkeit des Alten Testaments zu »beweisen«.
Darüberhinaus sollten auf diese Weise einzelne theologische Aussagen durch die jeweils
hergestellte »Doppelüberlieferung« im Alten und Neuen Testament belegt und gestützt
werden. Die Typologie hat apologetischen oder Beweischarakter. So stehen die sechs Vorbilder
oder Typen Mariens an den Seitenwänden des Schiffes dort nicht nur, um einen
mariologischen Rahmen für das Gnadenbild zu schaffen, sondern vielmehr um mit ihren
Eigenschaften und »historischen« Leistungen die verschiedenen Aspekte Märiens zu »beweisen
« und zu symbolisieren:

Auf der linken Seitenwand links schlägt Miriam ein Tambourin und nimmt mit ihrem
Triumphgesang über das ägyptische Heer Marias Magnificat, den prophetischen Lobpreis des
Herrn voraus (Ex 4,20/Lk 1,46-55). Daneben, in der Mitte, steht frontal Eva als MATER
VIVENTIUM und verweist so auf die Mutter des neuen Geschlechts der Erlösten. Rechts
enthüllt Jahel das mit ihrem Hammer zerschmetterte Haupt des Kanaanäerfürsten Sisara (Ri
4,18-22), womit sie Mariens »Funktion« als Bezwingerin des Bösen vorwegnimmt und
verdeutlicht.

Auf der rechten Seitenwand sind von links nach rechts Esther, Sulamith und Judith um die
zwei Fenster gruppiert. Wie schon die Inschrift über ihr andeutet (ADAMAVIT EAM REX),
steht Esther für Marias mystische Braut-Beziehung zu Christus, so auch die Schöne, Sulamith,
die Braut des Bräutigams des Hohenliedes (Hld 5,9; 7,1). Mit Esther kann jedoch auch die
Fürsprecherin und Retterin ihres Volkes gemeint sein (Est 8,1-5), in Vorwegnahme der
Fürbitterschaft der Himmelskönigin Maria für ihr Volk, das Menschengeschlecht auf Erden.
Die Darstellung Judiths als Typus Mariä kann ebenfalls zweifach motiviert sein. Zum einen ist
sie mit dem Schwert und dem Haupt des Holofernes dargestellt und gibt sich so als
Bezwingerin des Bösen zu erkennen (Jud 13,1-10); zum anderen wird in der Bibel ihre
Reinheit hervorgehoben (Jud 9,1-3; 12,1-8), womit sie für die Reinheit Mariens zeugt.

Zu diesen prophetischen und typologischen Verweisen und »Beweisen« gesellen sich noch,
überall in der Kapelle verstreut, verbildlichte Anrufungen Mariens aus der Lauretanischen
Litanei, die wiederum ihre Bilder vor allem aus dem Hohelied schöpfte20. Diese Anrufungen
beziehungsweise Bilder - LILIUM CONVALLIUM, Zeder, brennender Dornbusch, HOR-
TUS CONCLUSUS oder Turm Davids ... - sind meist allegorische Sinnbilder für die
Unbeflecktheit Mariens, was bei einem Marien-Hymnus gegenreformatorischer Zeit naheliegend
ist und auch gut in die Zeit des Mariendogmas von 1854 paßt.

Die Vierung der Kapelle ist besser beleuchtet durch die jeweils drei Fenster der Querschiffarme
: Man befindet sich in der »Mittagshelle des Neuen Testaments«21. Im linken Querschiff
sind dargestellt: Joachim und Anna (Rückwand), die Eltern Marias; Joseph, der SPONSUS
BEATAE MARIAE VIRGINIS, und drei große Marienverehrer (linke Wand): Cyrillus von
Alexandrien erhielt hier seinen Platz, weil er gegen Nestorius für das Dogma der Theotokos,
das heißt Marias als Gottesgebärerin, eintrat; neben ihm der mystische Marien-Verehrer
Bernhard von Clairvaux (VOCA MARIAM) und rechts Alphons Maria Ligouri mit dem Zitat
SEMPER NO BIS SUCCURRAT.

Das rechte Seitenschiff birgt gleichfalls Verwandte auf der Rückwand und weitere Vorkämpfer
der Mariologie an der Seitenwand. Die dargestellten Verwandten sind Elisabeth,
Zacharias und Johannes der Täufer. Als weitere markante Verehrer Mariens werden hier
angeführt: Johannes Damascenus, als DEFENSOR CULTUS IMAGINUM gleichsam ein

19 Vgl. Lk 24,44; Joh 3,12; Mt 12,40. Allgemein zur Typologie: P. Bloch: s. v. Typologie. In: Lexikon
der christlichen Ikonographie (LCI) Bd. IV. S. 395-404; Floridus Röhrig: Rota in medio rota. Ein
typologischer Zyklus aus Osterreich. In: Jahrbuch des Stifts Klosterneuburg NF 5 (1965) S.7ff.

20 Vgl. L. Lüdicke-Kaute: s. v. Lauretanische Litanei. In: LCI Bd. III. S.27-31.

21 Schwind (wie Anm. 2) T. III S. 157f.

106


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0108