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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0113
Die Beuroner Gnadenkapelle - ein Hauptwerk der »Beuroner Kunstschule«

verdeutlicht die figürliche und inschriftliche Dekoration die Authentizität der objektiven
Heilswahrheiten, der Dogmen, mithilfe von prophetischen Verweisen und Typologie. Die
festgestellte stilisierende Arbeitsweise gilt hierbei als angemessene Form für diese Vermittlung
von Heilswahrheiten, da die übernatürlichen Wahrheiten in idealer Form und Schönheit
dargestellt werden mußten. Gleichzeitig dient sie zur Spendung der Sakramente, der Liturgie,
was nicht nur ein besonderes Anliegen des Beuroner Mönchtums und der Liturgischen
Bewegung war, sondern auch die gnadenspendende Wirkung an diesem Ort, der Gnadenkapelle
, weiter erhellt.

Auch dem Chor, ein für die außerordentlich mobilen und aktiven Beuroner Benediktiner
wichtiges Band der Gemeinschaft und der Einheit38, wird in den Darstellungen Miriams und
vor allem des Engelschores zur Verherrlichung Mariens Rechnung getragen, besonders aber
auch in der ursprünglichen Planung zweier »Mönchschörlein« in den Kreuzarmen der
Kapelle.

Ebenso an die »Missionsarbeit« wurde gedacht, wenn man eine »Krypta« für Exerzitien
und Vereinigungen der Terziaren mit der Gnadenkapelle verband.

Und nicht zuletzt die bewußte Wahl der Vorlagen und Vorbilder aus christlicher Spätantike
und frühem Christentum steht im Zusammenhang mit dem damals neuen Traditionsbegriff
und weist darauf hin, daß man sich auf die ursprüngliche Tradition wieder besann:
sowohl die katholisch-christliche Tradition als auch die ursprünglichen monastischen Traditionen
, an die das Beuroner Mönchtum bewußt und - mit der Gestaltung der Gnadenkapelle -
demonstrativ anknüpfte.

Gerade auch die Tatsache, daß die Gnadenkapelle von Beuroner Mönchen und Oblaten in
Gemeinschaftsarbeit entworfen, beraten und ausgestaltet wurde, wobei der Name des Architekten
, P. Mauritius Gisler, kaum hervortritt und der des »Ausstatters« P. Paul Krebs wohl
mehr wegen seiner Funktion als Leiter der »Beuroner Kunstschule« häufiger erwähnt wird,
paßt zu den obigen Feststellungen, daß die Beuroner Gnadenkapelle dem Geist des Beuroner
Mönchtums und damit der katholischen Restauration entsprach, kaum aber als individueller
künstlerischer Ausdruck zum Beispiel des Paul Krebs zu verstehen ist. Demzufolge wurde ihr
bei ihrer Einweihung auf die obengenannte feierliche Weise besondere Bedeutung beigemessen
. In diesem Sinne könnte man sie als Idealfall oder Prototyp »Beuroner Kunst« bezeichnen.

4. DIE MAURUSKAPELLE UND DIE PRINZIPIEN DES P. DESIDERIUS LENZ

Wer ist Herr Lenz, daß wir ihm ein Vertrauen schenken, eine Mission zutrauen, die
schwerlich schon eine Präzedenz hat - die Mission auf dem Gebiet der Kunst alles bisher im
Christentum Geschaffene umzustürzend.

Es soll hier nicht darum gehen, die Mauruskapelle ausführlich zu beschreiben, was schon
mehrmals in aller Breite geschah, sondern an dieser Stelle soll vielmehr überprüft werden, ob
diese 30 Jahre früher entstandene und kunsthistorisch so viel bekanntere Kapelle ebenfalls den
Prinzipien und Erfordernissen des Beuroner Mönchtums und katholischer kirchlicher Kunst
entsprach wie die Gnadenkapelle40. Weil Desiderius Lenz die Votivkapelle St. Maurus schon
selbst als sein künstlerisches Credo bezeichnete, wird man dabei auch auf seine künstlerischen

38 Vgl. Zähringer (wie Anm.26) S.341: Die Mönche sind des Chores wegen da und verkörpern die
»Ecclesia orans«.

39 Aus einem Brief des Abtes Maurus Wolter 1874 an seinen Bruder, zitiert nach Dreesbach (wie
Anm.15) S.26 Anm.72.

40 Beschreibungen der Mauruskapelle: Dreesbach (wie Anm.15) S. 42-44; Siebenmorgen (wie
Anm.3) S. 131-157; A. S.: Sankt Maurus-Kapelle. Beuron o.J. (8 S.). Sie wurde 1868 begonnen und 1871
geweiht. Architekten und Künstler waren v. a. Peter Lenz und Jakob Wüger mit seinem Schüler Fridolin
Steiner.

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