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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0157
Schulorden in Hohenzollern 1850-1875

auf dem richtigen Wege und befürwortete das Verbleiben der Aspirantin Ungelehrt bis zum
nächsten Winter, in welchem der Unterricht für die Mädchen an zwei Schulschwestern
übergehen sollte.

Schon im Sommer erwies sich jedoch, daß Marmon mit seinem Optimismus zu voreilig
gewesen war. Er selbst konnte zumal seine Pläne nicht mehr weiterverfolgen, da er an das
Freiburger Ordinariat versetzt wurde. Sein Nachfolger Michael Lanz23 sah sich Problemen
gegenüber, die in dieser Form nicht zu erwarten gewesen waren. Diese wurden offenkundig,
als sich Ende August 1856 die Gelegenheit eröffnete, eine frei werdende Lehrerstelle an die in
Aussicht genommene geistliche Lehrerin zu übertragen24. Der Bürgermeister sagte dem
Vorhaben seine Unterstützung zu, doch nunmehr lehnten die Empfinger Bürgerkollegien jede
Beteiligung, zumal jede materielle Unterstützung ab. Deren Einschaltung war insofern ein
außergewöhnliches Unterfangen, als normalerweise die Kollegien in Fragen der Einstellung
eines Provisors oder Lehrers nicht hinzugezogen wurden, in diesem besonderen Fall aber die
Sigmaringer Regierung ausdrücklich die vorherige Zustimmung der Gemeinde zur Berufung
geistlicher Lehrerinnen verlangt hatte. Die Gefahr, daß es hier zu einer ablehnenden Haltung
kommen könnte, hatte Lanz bereits frühzeitig erkannt und daher versucht, die Regierung von
ihrem Vorgehen abzubringen. Nach einer vertraulichen Besprechung im Oberamtsgebäude in
Haigerloch, an der Schulkommissar Reiser, der Oberamtmann Emele und Lanz teilnahmen,
wurden entsprechende Anträge an die Regierung abgesandt. Eine Reaktion erfolgte indes
nicht.

Es waren schließlich die Bürgerkollegien selbst, die eine Zusammenkunft verlangten, die
ihnen seitens des Bürgermeisters auch nicht verwehrt werden konnte. Sie forderten, daß bis
Martini ein neuer Lehrer für die vakante Lehrer- und Mesnerstelle eingestellt werden solle und
verweigerten im übrigen die Berufung von Schulschwestern. Der Umstand, daß der größte
Teil der Gemeinde gegen geistliche Lehrerinnen eingestellt war, wurde in der Tat von keiner
Seite geleugnet, auch wenn die dabei vorgebrachten Argumente einer genaueren Prüfung nicht
standhalten konnten25. Nur der Bürgermeister und der Lehrer stimmten überhaupt dafür.
Lanz' Kommentar spiegelt noch deutlich seinen ganzen Groll gegenüber einer solchen
Haltung wider: An Belehrungen aller Art, wonach die Vorteile einer solchen Anstalt den
Bauern hätten mundgerecht werden sollen, hat es nicht gefehlt, allein sie wußten immer etwas
dagegen einzuwenden, und sei es, daß man es so belassen wolle, wie es früher einmal gewesen
warlb.

Zu diesem Zeitpunkt schaltete sich auch das Freiburger Ordinariat als geistliche Oberbehörde
in die Angelegenheit ein. Es sah dezidiert kirchliche Interessen betroffen - nicht zuletzt
finanzierte sich die zur Disposition stehende zweite Lehrerstelle zu bedeutenden Teilen aus
der Heiligenpflege und hatte die kirchliche Behörde bei deren Besetzung mitzusprechen - und
bestritt die Zulässigkeit einer Beteiligung der Bürgerkollegien. Pfarrer Lanz wurde im
Gegenteil ermutigt, seine Bemühungen fortzusetzen27. Entsprechend trat das Ordinariat auch
an die Sigmaringer Regierung heran und versuchte diese davon zu überzeugen, daß es zum

23 Zu Lanz vgl. auch Fest- und Heimatbuch Empfingen (wie Anm. 14) 134-136.

24 Der bereits in Empfingen wirkende Lehrer Schindler hatte sich bereit erklärt, seine eigene Stelle zur
Verfügung zu stellen und dafür auf eine andere vakante Stelle zu wechseln, die durch ihre Verbindung mit
dem Amt des Mesners ein höheres Einkommen mit sich brachte (ebd.).

25 So wurde z. B. zwar die pädagogisch befriedigende Tätigkeit von Clara Ungelehrt nicht in Frage
gestellt, ihr aber bestritten, sie vermöge die Kinder auch in wissenschaftlicher Hinsicht zu bilden.
Schulkommissar Reiser konstatierte hier eine deutlich verzerrte Sichtweise, würden die Schulen doch
gerade in pädagogischer Hinsicht noch viel zu wenig leisten und sei doch Wissenschaftliches in
Elementarschulen völlig fehl am Platze. Auch er vermochte sich nur noch in einen Stoßseufzer zu retten:
Herr, verzeihe ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thunl (vgl. StA Sig Ho 235 XI C 198).

26 BAFB 5/248.

27 Ebd.

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