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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0206
Neues Schrifttum

Stümper und Unvorsichtige. Die Hauptleistung Schneiders dürfte somit eher im Bereich der
Kritik liegen, in der scharfsinnigen Auseinandersetzung mit wunden Punkten der modernen
Forschung und allzu leichtfertig aufgestellten Hypothesen. Auch die stärkere Akzentuierung
genossenschaftlicher Züge muß gewürdigt werden, zumal auch hier neuere Forschungen
(Jürgen Weitzel, Susan Reynolds) zu ähnlichen Ergebnissen kommen (vgl. z.B. Rezensent in:
Regionale Identität und soziale Gruppen im Mittelalter. 1992. S. 162f.). Was mir nicht
akzeptabel erscheint, ist der oft unvorsichtige Einsatz der Kontinuitätsprämisse, die unbekümmert
Jahrhunderte ohne Zeugnisse überbrückt, obwohl Schneider in anderen Fällen sehr
überzeugend z. B. gegen eine mündliche Tradition über Jahrhunderte hinweg argumentiert.
Beispielsweise ist m.E. die Deutung romanischer Bildwerke etwa in dem in Heft XI,
S. 577-613 enthaltenen Beitrag »Die Heidenpriester vom Hirsauer Eulenturm« einer der
(wenigen) Fälle, mit denen Schneider den Raum ernsthafter Diskussion verlassen hat.

Koblenz Klaus Graf

Frauke Stein: Alamannische Siedlung und Kultur. Das Reihengräberfeld in Gammertingen.
Sigmaringen: Jan Thorbecke Verlag 1991. 154 S. mit 59 Abb.

Von 1884 bis 1931 traten in Gammertingen bei Grabarbeiten und Ausgrabungen Reste
eines alamannischen Reihengräberfelds zutage, dessen herausragende Funde von der Autorin
des hier vorzustellenden Buches zur wissenschaftlichen Publikation vorbereitet werden. In
einer populären Vorausveröffentlichung, die sich nach eigenen Angaben »in erster Linie an die
Bürger von Gammertingen« wendet (S. 8), stellt Frauke Stein die erhaltenen Beigaben vor und
ordnet sie in die frühmittelalterliche Geschichte und Kulturgeschichte ein. Das gewohnt
gediegen ausgestattete Bändchen informiert allgemeinverständlich über die Rahmendaten der
alamannischen Geschichte, die soziale Gliederung im frühmittelalterlichen Gammertingen
und die Aussagen, die den Grabbeigaben zum täglichen Leben und den Glaubensvorstellungen
der hier Bestatteten entnommen werden können. Ein Glossar und ein Literaturverzeichnis
runden das Werk ab, das auch Historikern als gute Einführung in die Quellenproblematik der
frühmittelalterlichen Archäologie empfohlen werden kann.

In Gammertingen lebte damals nach Ausweis der Funde eine »der führenden Familien der
Alamannen« (S. 128). Besonders bemerkenswert finde ich, daß die Verfasserin der »Adelsgräber
des achten Jahrhunderts in Deutschland« (1967), eines Buchs, das von Historikern gern als
Beweis für die »Existenz« frühmittelalterlichen »Adels« herangezogen wurde, nunmehr
zurückhaltend von einer »Oberschichtfamilie« (S. 126) spricht und das »adlig« in Anführungszeichen
steht (S. 128). Aus der Sicht des Historikers kann der Wunsch, die derzeit stagnierende
Diskussion über die frühmittelalterliche Sozialstruktur möge weitergeführt werden (S. 86),
nur unterstrichen werden (vgl. dazu auch Wilhelm Schneider: Arbeiten zur alamannischen
Frühgeschichte XIX. 1992. S. 138-140). Zu dem Beitrag eines wesentlich hypothesenfreudigeren
bayerischen Kollegen, der einen »Adelsfriedhof« dem Clan der »Huosi« zuweisen will, hat
H. Schwarzmaier jüngst zurecht angemerkt, dieses »Ergebnis« sollte »den Historiker zwingen

darüber nachzudenken, ob ihm mit diesem Nachweis gedient ist« (Zeitschrift für württ.
Landesgeschichte 50 (1991) S.445).

1886 schrieb der Hohenzollerische Hofrat Lehner, Direktor der Fürstlichen Sammlungen:
»Da ja solche Fundsachen großentheils in fragmentarischer Gestalt zu Tage kommen, ist oft
ein kleines, unscheinbares Stückchen deßwegen von Werth, weil man hie und da den
fragmentarischen Gegenstand ergänzen kann« (S. 37). Diese Worte lassen sich ohne weiteres
auf Befunde, die ja oft wichtiger als Funde sind, und ihre Bedeutung für ein Gesamtbild der
durch schriftliche Quellen kaum ausgeleuchteten Epochen übertragen. In diesem Sinn sind

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