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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0212
Neues Schrifttum

Wirklichkeit hindurchscheine und die die zeitgenössische Funktion des Werkes erkennen
lasse. Dieses Verfahren ist voller methodischer Haken, wie uns etwa das Beispiel der Plato-
Forschung gelehrt hat« (Gesammelte Werke Bd. 2, Tübingen 1986, S. 379). Es wäre erfreulich,
wenn nicht nur die germanistische, sondern auch die landesgeschichtliche Forschung die von
Lutz vorgelegte Monographie und ihre methodische Problematik zum Anlaß nähme, der
Frage nach den »Wirklichkeitsbezügen« mittelalterlicher Literatur verstärkt nachzugehen und
damit in eine interdisziplinäre Diskussion über das, wie ich glaube, nach wie vor nicht
überholte Konzept einer »Sozialgeschichte der Literatur« einzutreten.

Koblenz Klaus Graf

Eberhard Fritz: dieweil sie so arme Leuth. Fünf Albdörfer zwischen Religion und Politik
1530-1750. Studien zur Kirchengeschichte der Dörfer Bernloch, Eglingen, Meidelstetten,
Oberstetten und Ödenwaldstetten. Stuttgart: Calwer Verlag 1989. 181 S. (Quellen und
Forschungen zur württembergischen Kirchengeschichte 9).

Eberhard Fritz, Archivar des Hauses Württemberg in Altshausen, unternimmt den reizvollen
Versuch, die Kirchengeschichte von drei evangelischen und zwei katholischen Albdörfern,
die an der württembergisch-oberschwäbischen Konfessions- und Kulturgrenze liegen und seit
der Kommunalreform zur Gemeinde Hohenstein zusammengeschlossen sind, im Zeitalter von
Reformation und Konfessionalismus vergleichend zu untersuchen. Gestützt vor allem auf die
kirchen- und sozialgeschichtlich ergiebigen Visitationsprotokolle des Hauptstaatsarchivs
Stuttgart sowie die Ortsakten des Landeskirchlichen Archivs zeichnet Fritz für den protestantischen
Untersuchungsbereich ein facettenreiches Bild des dörflichen Mikrokosmos vor dem
Hintergrund der religionspolitischen Umbrüche der Reformationszeit und der nachfolgenden
konfessionellen Verfestigung und Abgrenzung.

Die Fallbeispiele der fünf herrschaftlich zerklüfteten Albdörfer machen vor allem auch
deutlich, daß die konfessionelle Option eines Ortes im Reformationszeitalter über die
persönliche Glaubensentscheidung der Individuen hinaus in erster Linie ein Ergebnis herrschaftlicher
Machtpolitik und politischen Durchsetzungsvermögens ist. So vermag Württemberg
, ungeachtet des Weißenauer Patronatsrechtes in Bernloch und des Filialverhältnisses von
Meidelstetten zur im fürstenbergischen Herrschaftsbereich gelegenen Pfarrei Trochtelfingen,
beide seiner Ortsherrschaft unterstehenden Dörfer in den 1530er Jahren in die Reformation
einzubeziehen. In Ödenwaldstetten wiederum »genügt« dem Herzogtum der innehabende
Kirchensatz, um gegen den anhaltenden Widerstand der Zwiefalter Örtsherrschaft und der
bäuerlichen Untertanen selbst noch nach dem Augsburger Religionsfrieden die Reformation
durchzusetzen. Die letztliche Verankerung des Protestantismus in der Bevölkerung von
Ödenwaldstetten ist indessen wohl weniger dem »klugen Verhalten« Württembergs als dem
Fleiß, der seelsorgerlichen Kompetenz und persönlichen Integrität des 29Jahre hier tätigen
Pfarrers Georg Rebstock zu verdanken, der zu Beginn seiner Amtszeit von seiner überwiegend
altgläubig gesinnten Gemeinde boykottiert wird und am Ende seine Versetzung nur
gegen den Widerstand und unter Wehklagen der ihn jetzt überschwenglich lobenden
Gemeinde durchsetzen kann. Lediglich das unter Herzog Ulrich gewaltsam reformierte
Eglingen geht, zusammen mit der gesamten Ritterherrschaft der Herren von Speth, durch
Schmalkaldischen Krieg und Interim auf Dauer wieder an den Katholizismus verloren.

Die »große Politik«, deren Auswirkungen auf die Untertanen Fritz mit seiner Arbeit
untersuchen will, läßt die konfessionellen Verhältnisse in den fünf Albdörfern noch auf
längere Zeit hin unsicher und prekär erscheinen.

Während des Interims droht ebenso ein gegenreformatorisches »roll-back« wie durch das

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