Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0229
Vom Landesspital zum Landratsamt

Als letztes Gebäude des Landeskrankenhauses enstand 1962 schließlich noch am östlichen
Rand des Anstaltsgeländes eine Krankenpflegeschule mit Schul-, Internats- und Gemeinschaftsräumen
. Der Schulbetrieb selbst reicht bis in das Jahr 1938 zurück; 1964 wurde
zusätzlich eine Krankenpflegevorschule und 1967 eine Krankenpflegehelferinnenschule angegliedert32
. Bereits in der Anfangsphase des Landesspitals hatte von 1852-1865 eine Hebammenlehranstalt
und eine damit verbundene »Gebäranstalt« hier bestanden33. Nach der Verlagerung
der Ausbildung der hohenzollerischen Hebammen nach Stuttgart folgte 1865 die
Einrichtung einer Lehranstalt für Mädchen, die im Landesspital gegen eine geringe Vergütung
eine Ausbildung im Kochen und in den Hausarbeiten, auf Wunsch zusätzlich auch in der
Krankenpflege erhielten.

Baugeschichtlich stellt das Landeskrankenhaus eine Verbindung zwischen dem in
Deutschland vom ausgehenden 18.Jahrhundert bis in die späten 1860er Jahre allgemein
gültigen Typus des zentralen, ein- bis dreiflügeligen Mehrgeschoßbaus in Gestalt des 1844-47
errichteten Hauptgebäudes einerseits und einem modifizierten Pavillonsystem in Gestalt der
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowie im beginnenden 20. Jahrhundert erstellten
und aufgelockert über ein weites Gelände verteilten Erweiterungsbauten andererseits dar34.

5. ZWANGSSTERILISIERUNGEN UND »EUTHANASIE «-MORDE
IM DRITTEN REICH

Das mit Sicherheit düsterste Kapitel seiner langen Geschichte erlebte das Sigmaringer
Fürst-Carl-Landeskrankenhaus während des Dritten Reiches35. Wie die anderen Heil- und
Pflegeanstalten, darunter auch das seit der Kreisreform gleichfalls zum Landkreis Sigmaringen
gehörende Mariaberg, war die Psychiatrieabteilung des Landeskrankenhauses von den nationalsozialistischen
Verbrechen an Geisteskranken massiv betroffen36. Bereits kurz nach der

32 Zu Gründung und Entwicklung der Krankenpflegeschule vgl. Schaitel (wie Anm. 2) S. 3, Mühlebach
(wie Anm. 2) S.4, Häberle (wie Anm. 9) S. 124. Die neu gegründete Krankenpflegeschule am
Landeskrankenhaus Sigmaringen nahm am 1. Dezember 1938 ihren Ausbildungsbetrieb auf - nicht 1948,
wie Häberle vorgibt, und auch nicht 1935, wie dies bei der 50-Jahr-Feier 1985 zugrundegelegt wurde (vgl.
Festschrift »50Jahre Krankenpflegeschule Sigmaringen. ll./12.Mai 1985 - Tag der Krankenpflege«,
Meßkirch 1985).

33 Mühlebach (wie Anm. 2) S. 2.

34 Zusammenfassend zur Periodisierung der deutschen Krankenhausgeschichte im 19. Jahrhundert unter
medizin- und architekturgeschichtlichen Aspekten Murken (wie Anm. 3) S. 330 f.

35 In den bisherigen Darstellungen der Krankenhausgeschichte wird die nationalsozialistische Mordaktion
stets nur am Rande und umschreibend erwähnt oder ganz ausgeblendet. Franz Gog (Fürst-Carl-
Landeskrankenhaus Sigmaringen. Planung des Erneuerungsbaues. Sigmaringen 1962 [masch.-schr.], S.4)
beispielsweise erwähnt, daß die Gebäude St. Johann und Engelsburg durch die bekannten Maßnahmen
der nationalsozialistischen Ära in den Jahren 1940-1942 frei geworden sind. Laut Josef Mühlebach (wie
Anm. 2, S. 4) ist in die Chronik des Krankenhauses auch ein recht betrübliches und düsteres Ereignis, das
vor allem die Nervenabteilung betroffen hat, eingegangen: Am 12.12.1940 und an einem Märztag 1941
sind von einer nationalsozialistischen Organisation unter dem ominösen Stichwort >Euthanasie< annähernd
80-100 sogenannte unheilbare Geisteskranke nach Grafeneck und Weinsberg verlegt worden.

36 Als Auswahl aus der mittlerweile umfangreichen Literatur zu den nationalsozialistischen Verbrechen
an Geisteskranken seien genannt: Hans-Walter Schmuhl: Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie
. Von der Verhütung zur Vernichtung »lebensunwerten Lebens« 1890-1945. Göttingen 21992; Ernst
Klee: »Euthanasie« im NS-Staat. Die »Vernichtung lebensunwerten Lebens«. Frankfurt a.M. 1985
(TB-Ausgabe); Friedrich Karl Kaul: Die Psychiatrie im Strudel der »Euthanasie«. Köln, Frankfurt
a.M. 1979; Heinz Faulstich: Von der Irrenfürsorge zur »Euthanasie«. Geschichte der badischen
Psychiatrie bis 1945. Freiburg i.Br. 1993; J.May u.a.: »Euthanasie» in den staatlichen Heilanstalten

227


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0229