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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0239
Vom Landesspital zum Landratsamt

Über Jahre hin zog sich auch das Entnazifizierungsverfahren gegen Dr. Hermann Lieb, der
1942 als Nachfolger von Dr. Friedrich End ärztlicher Direktor der Anstalt geworden war57.
Der aus Hettingen stammende und lange Jahrzehnte am Landeskrankenhaus tätige Lieb war
Mitglied der NSDAP und einer ganzen Reihe weiterer NS-Organisationen und seit Juli 1941
auch Kreisamtsleiter des Amtes für Volksgesundheit bei der NSDAP-Kreisleitung. Die
Krankenhausdirektion hatte der verdiente Arzt nicht zuletzt auch aufgrund der Zustimmung
verschiedener Parteistellen erlangt. Zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer Parteimitglieder
und Amtsträger wird Lieb Ende Juni 1945 von den Franzosen in Haft genommen und im
Lager Nonnenhof mehr als vier Monate interniert. Mit Zustimmung des örtlichen französischen
Militärgouverneurs wird er Anfang November 1945 zwar aus der Haft entlassen und
kann im folgenden Monat auch seine Tätigkeit als Chefarzt der chirurgischen Abteilung des
Landeskrankenhauses wieder aufnehmen; seine zuvor innegehabten Funktionen als Krankenhausdirektor
und als Beamter bleiben ihm aufgrund seiner politischen Belastung und des noch
laufenden Säuberungsverfahrens vorerst indessen versperrt. Als kommissarischer Direktor der
Anstalt ist seit 1. Juli 1945 Dr. Hans Hüetlin tätig, der sich nach Kräften um die Rehabilitierung
seines Vorgängers bemüht. Nachdem ein erster Säuberungsbescheid vom Juli 1947
Dr. Lieb zu einer Geldbuße von 15000 Reichsmark verurteilt und ihm die Ausübung einer
leitenden ärztlichen Tätigkeit untersagt hatte, ging der Arzt in die Berufung und erwirkte
schließlich im Mai 1949 einen weiteren Spruchkammerbescheid, der ihn als Mitläufer ohne
weitere materiellen oder beruflichen Konsequenzen einstufte. Am 1. Oktober 1949 wurde
Dr. Hermann Lieb wiederum zum ärztlichen Direktor des Landeskrankenhauses ernannt.

7. DIE ENTWICKLUNG VON 1945 BIS 1979

Die Geschichte des Landeskrankenhauses nach dem Zweiten Weltkrieg ist geprägt von
einer rasanten medizinisch-technischen Entwicklung einerseits und von einer baulich-finanziellen
Paralysierung andererseits. Die bereits seit 1950 angestrebte bauliche Erweiterung des
Krankenhauses läßt drei Jahrzehnte auf sich warten, da zunächst die krankenhauspolitischen
Interessen der beteiligten politischen Instanzen, des Landeskommunalverbandes und der
beiden hohenzollerischen Landkreise Sigmaringen und Hechingen, nicht auf einen Nenner zu
bringen sind und in der Folge, nach der Übernahme der Stiftungsverwaltung durch den
Landkreis Sigmaringen, die Frage des Standorts für das neu zu errichtende Krankenhaus lange
nicht entschieden werden kann58. Das Landeskrankenhaus befindet sich spätestens seit 1951 in
einer gleich dreifachen materiellen Abhängigkeit: Mit der Auflösung des preußischen Staates
und der Zuordnung Hohenzollerns zum neuen Land Württemberg-Hohenzollern verliert der
Landeskommunalverband seinen eigenständigen, vor allem auch aus den Berliner Staatsdotationen
genährten Manövrierspielraum und wird tendentiell zum »Kostgänger« der beiden
hohenzollerischen Landkreise und überdies zum Fremdkörper in dem seit 1945 entstehenden
neuen Gefüge der kommunalen Selbstverwaltung59. Seit 1951 übernehmen die beiden Kreise

57 Vgl. zum Folgenden Personalakte Dr. Lieb (KAS Acc. II-1993/5 Nr. 162).

58 Vgl. hierzu und zum Folgenden die nicht zuletzt auch der Rechtfertigung der Haltung des Landeskommunalverbandes
beziehungsweise des Landkreises Sigmaringen dienenden Darstellungen von Franz
Gog (wie Anm. 35), des langjährigen Vorsitzenden von Kommunallandtag und Landesausschuß, und von
Meinrad Häberle (wie Anm. 9, S. 118-136), des gleichermaßen langjährigen geschäftsleitenden Verwaltungsbeamten
des (hohenzollerischen) Landkreises Sigmaringen.

59 Eine kritische, über die bekannte deskriptive Darstellung von Mühlebach (Josef Mühlebach: Der
Landeskommunalverband der Hohenzollerischen Lande. Geschichtliche Entwicklung, Rechtsgrundlagen
und Aufgabengebiete. Sigmaringen 1972) hinausführende Würdigung im Gesamtzusammenhang der
hohenzollerischen Sonderentwicklung und der Bereinigung dieser Sonderstellung nach 1945 erfuhr der
Landeskommunalverband in einem Vonrag von Wilfried Schöntag am 18.11.1991 (Daheim regierten

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