Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0310
Franz-Severin Gässler

Die Öffnung der hauptsächlich von Ackerbaubürgern bevölkerten Stadt geschah in
Intervallen. 1813 fiel das Mühltor und 1831 wurde das Laizer Tor abgetragen126. Ihre
funktionale Notwendigkeit war nicht mehr gegeben und für die Forderung nach Licht und
Luft waren die beiden Tore ein Hindernis. Innerhalb weniger Jahre erfolgten drei Straßen-
durchbrüche, die die Innenstadt eng mit dem Außenraum verbanden und verzahnten und
fließende Übergänge schufen127. Die Stadtmauer war entweder abgerissen worden oder
verschwand hinter Neubauten. Die Nahtstelle zwischen Altstadt und Stadterweiterungen
zeigte nur die trauf- oder giebelständige Situierung der Gebäude und die Handhabung der
Fluchtlinien an.

Mit der Niederlegung der Mauern und der unregelmäßigen Erweiterung verlor die Stadt
ihre klare Abgrenzung gegen die Landschaft. Die Straßen, die von der Stadt aus in die
Landschaft führten, dienten nun als Entwicklungsachsen. Bereits Mitte der vierziger Jahre
waren diese Straßen von sozialen Gruppierungen und deren Bauten geprägt: Ausschließlich
Carlsstraße und Carlsplatz zeigten herrschaftliche Verwaltungs- und Wohngebäude; an der
steil steigenden Straße nach Krauchenwies wurden Villen errichtet und an den nördlich der
Donau liegenden Straßen standen Handwerker- und Bauernhäuser. Größere Gewerbebetriebe
oder Manufakturen fehlten in der Stadt vollkommen.

Die Stadterweiterungen wurden wohl aufgrund ihrer oft unklaren, extrem in die Länge
gezogenen Form zu keiner Zeit mit dem Begriff »Neustadt« belegt. Die städtebaulichen
Ubergänge wurden indifferent gehalten. Auch darin kann der Versuch gesehen werden, die
Stadt als Einheit zu schaffen. In der Namensgebung dürfte sich der Status des Platzes bzw. der
Straße widergespiegelt haben.

Die Bauvorschriften basierten auf hygienischen und feuerpolizeilichen Aspekten; gestalterisch
-ästhetische Gesichtspunkte beschränkten sich auf die Grundrißstruktur der Baugebiete
und Gebäudelänge und -höhe. Sie waren den badischen Vorschriften ähnlich128; doch waren
weder Gehwege noch geschlossene Bauweise vorgeschrieben. Ebenso wurde darauf verzichtet
, Wert und Rang der einzelnen Straßenzüge durch Vorschriften zu normieren, nämlich über
die Festlegung differierender Straßenquerschnitte und Stockwerksanzahl.

Schriftliche Hinweise auf den Beispielcharakter anderer Residenzstädte sind mitunter zu
finden. Der Vorschlag, eine kettenumsäumte Pyramide als Denkmal auf dem Carlsplatz zu
errichten, weist auf die Pyramide des Karlsruher Marktplatzes hin129. Der Beschluß der
Geheimen Conferenz vom 19. April 1844, an sämtlichen Straßen und Plätzen gepflasterte
Hohlkehlen anzulegen und die Straßen an den Kreuzungspunkten zu pflastern, wurde mit
dem Hinweis vermerkt, daß dies in anderen Städten, wie z.B. Stuttgart oder Karlsruhe,
geschehen sei130. Erbprinz Carl Anton schlug 1846 vor, daß das geplante fürstliche Rentamt

126 Vgl. StAS, Dep. 1, Akten Nr. 181; das Wächterhaus am Laizer Tor war 1825 verkauft worden;
Kuhn-Reheus (wie Anm. 75) S. 47, gibt das Jahr 1812 für den Abbruch des Mühltores an.

127 Die Verbindung von Hinterer Gasse zur späteren Carlsstraße, die sog. Adlergasse, war 1836
hergestellt worden; vgl. StAS, Dep. 1, Akten Nr. 1158. Der Straßendurchbruch im Südwesten in den
unteren Teil der Antonsstraße erfolgte nach einem Brand und dem Abbruch der dort stehenden Häuser im
Jahr 1842; vgl. Ratsprotokoll vom 10. März 1842, StAS, Dep. 1, Amtsbuch Nr. 68; vgl. ebd. Fol. 118 und
156. Auf der Westseite des Ständehauses war 1847 der südliche Stadteingang geschaffen worden; vgl.
hierzu oben, S. 290.

128 Vgl. hierzu Heinz Kneile: Stadterweiterung und Stadtplanung im 19. Jahrhundert. Auswirkungen
des ökonomischen und sozialen Strukturwandels auf die Stadtphysiognomie im Großherzogtum Baden
(Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau 15). Freiburg 1978, S. 12 und S. 16 f.,
besonders die Bauvorschrift für die Stadt Freiburg.

129 Vgl. oben, S. 303 f.

130 Vgl. StAS, Dep. 1, Akten Nr. 1221.

308


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0310