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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1994-95/0313
Carlsplatz und Carlsstraße

bzw. Oberamtsgebäude und Regierungsgebäude und den zeitgleichen Frankfurter Bauten von
Burnitz zeigt die Variationsbreite sowohl bei der Struktur als auch beim Detail, die der
Weinbrennerschüler um 1840 beherrschte.

Gebäudekubus und Fassade des Neuen Prinzenbaus waren ähnlich gegliedert wie beim
Regierungsgebäude. Entsprechend der Funktion der Innenräume - im Parterre lag das
Prinzenappartement, im Obergeschoß war das Appartement der Erbprinzessin141 - war die
Lisenengliederung auch auf das Parterregeschoß übertragen worden. Auf diese Weise kamen
zwei annähernd gleich hohe Wandteile aufeinander zu stehen. Die eigenwillige Fassadenproportion
und die neogotischen Elemente gaben dem Neuen Prinzenbau eine isolierte Stellung.
Einerseits war versucht worden, die Gestalt traditioneller Stadtpalais in klassischer Manier
fortzuführen, andererseits sollten wohl die neogotischen Formenapplikationen auf die Andersartigkeit
des Gebäudes und der Stellung seiner Bewohner verweisen.

Vorbilder, die zum neogotischen Formenkanon bei den Details geführt hatten, der in der
Innenarchitektur bei weitem ausgeprägter vorhanden war, könnten u. a. in Schloß Babelsberg
bei Potsdam zu finden sein. Dieses hatte man ab 1834 für den preußischen Prinzen Wilhelm
und seine anglophile Gemahlin Augusta errichtet142. Carl Anton war seit 1831 mit beiden
freundschaftlich verbunden und während seiner Berliner Aufenthalte zumeist Gast des
Prinzenpaares143.

Daß Bröm Anfang des Jahres 1842 nach München gesandt worden war, um sich dort über
die Architekturtendenzen zu informieren144, legt die Vermutung nahe, daß in Sigmaringen
Kenntnis vorhanden war vom Bau des Wittelsbacher Palastes, dem Münchner Kronprinzenpalais
. Dieses war ab 1840 geplant und seit 1842-49 im Spitzbogenstil errichtet worden145.
Können in der Dekoration des Inneren Parallelen zum Münchner Palast aufgezeigt werden, so
bleibt die Fassade diesem sowohl in der Struktur als auch im Detail völlig fremd. Während
Gärtner klar dem tektonischen Prinzip folgte und die Fassade logisch und konsequent
durchstrukturierte, blieb Bröm dem dekorativen Applizieren verhaftet.

Beim ehemaligen Rentamt sind die Gebäudemassen anders gewichtet als bei den übrigen
herrschaftlichen Gebäuden. Der Kubus ist in drei Teile gegliedert, wobei die Kopfbauten
dominieren. Auf Giebelarchitektur war völlig verzichtet worden. Weitere Hauptmerkmale
sind die Stapelung der einzelnen Geschosse, ihre klare Trennung durch Gesimse und der
Verzicht auf Vertikalgliederung und Rahmung. Die Fassade ist wohlproportioniert, im Detail
fein gegliedert und flächig gestaltet.

Die differenzierte Gestalt der Fenster, die achsial übereinander stehen, zeugen vom
meisterhaften Umgang Joseph Laurs mit Elementen aus der Architekturgeschichte. Rundbogenfenster
im Rechteckrahmen und darüber angeordnet das verdachte Rechteckfenster findet
man wieder im ersten bzw. im zweiten Obergeschoß der römischen Cancelleria, dem
päpstlichen Verwaltungspalazzo aus der Renaissancezeit. Nur wandern die Tondi bei Laur in
die Brüstungszone hoch. Dieser spätklassizistische Bau markiert einerseits die Abkehr vom
Rundbogenstil und vom romantischen Klassizismus und weist andererseits auf den verstärkt
aufkommenden Stil der Neorenaissance hin.

Das ehemalige Ständehaus präsentiert sich zum Platz hin als längsgestreckter, dreigeschossiger
Gebäudeblock mit vorgesetztem, über die Traufkante hinausragendem, giebelgekröntem
Mittelrisalit. Das architekturgeschichtlich wichtige Phänomen an dieser Fassade ist ihre
Verspannung über die Geschosse hinweg. Dies gelang erstens durch die Verkröpfung der

141 Vgl. Kuhn-Rehfus (wie Anm. 10) S. 165.

142 Bei Schloß Babelsberg, von Schinkel begonnen, von Persius und Strack weitergeführt, waren auf
Wunsch der Prinzessin Augusta (geb. Prinz, von Sachsen-Weimar) Vorbilder der englischen Gotik
verarbeitet worden.

143 Vgl. Zingeler (wie Anm. 59) S. 18f. und 25.

144 Vgl. Kuhn-Rehfus (wie Anm. 10) S. 163.

145 Zur Baugeschichte des Wittelsbacher Palastes vgl. Hederer (wie Anm. 138) S. 162ff.

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