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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0097
OTTO H. BECKER

Selig- und Heiligsprechung

Der Leichnam des Kapuzinerpaters Fidelis von Sigmaringen wurde am 25. April 1622 abends
vom Mesner von der Wiese, wo er tags zuvor erschlagen worden war, gehoben und in einem
Grab nahe der Kirchhofmauer in Seewis beigesetzt. Den Grabhügel versah der Mesner, der
übrigens dem reformierten Glauben angehörte, mit einem einfachen Holzkreuz.

Als es den Österreichern im Herbst 1622 gelungen war, den Prättigau wieder ihrer
Botmäßigkeit zu unterstellen, pilgerten nun Soldaten in Scharen zur Grabstätte des Märtyrers
Fidelis, aus der eine wundersame Blume gewachsen sein soll. Auf ihre Bitten hin erhielten die
Kapuziner von Feldkirch vom österreichischen Befehlshaber von Maienfeld, dem Grafen Alwig
von Sulz, die Erlaubnis, den Leichnam ihres ehemaligen Guardians in Seewis heben und in ihr
Kloster überführen zu dürfen. Eine Abordnung von ihnen traf zu diesem Zweck Anfang
Oktober 1622 in Seewis ein. Da diese aber, wie es heißt, vergessen hatten, einen Sarg
mitzunehmen, trennten sie von dem Leichnam das Haupt und die linke Hand ab und
verbrachten diese nach Feldkirch. Der übrige Leichnam wurde wieder in das Grab zurückgelegt.

Am 18. Oktober kam der Provinzial der schweizerisch-vorländischen Kapuzinerprovinz
in Begleitung von Mitbrüdern nach Seewis, um die dort noch befindlichen Teile des Körpers
von Pater Fidelis ebenfalls nach Feldkirch zu verbringen. Zu diesem Zweck legten sie den
Leichnam in eine sargähnliche Kiste und brachten diese in der Begleitung von Soldaten nach
Maienfeld.

Noch vor der Hebung der Gebeine in Seewis hatte sich der Provinzial nach Chur begeben,
um Streitigkeiten zwischen den Kapuzinern und dem Bischof Johann V. beizulegen. Dieser
verlangte nämlich für seine Kathedrale nicht nur den übrigen Leichnam, sondern auch das
Haupt, das die Kapuziner nach Feldkirch geschafft hatten. Man einigte sich schließlich darauf,
daß das Haupt von Fidelis in Feldkirch verbleiben, der übrige Körper jedoch nach Chur in die
Kathedrale überführt werden sollte.

Am 20. Oktober brach in Maienfeld, wohin der Körper von Pater Fidelis verbracht
worden war, ein großer Brand aus, der schließlich auch auf das Schloß überzugreifen drohte,
wo die Pulvervorräte lagerten. In diesem kritischen Moment soll Graf Alwig von Sulz seine
Stimme zum Himmel erhoben haben: »O Herrgott! Wenn Pater Fidelis wirklich ein Heiliger
ist, dann rette doch um seiner Verdienste willen das Schloß und die Pulvervorräte!« Daraufhin
soll der Sturm, der das Feuer auf das Schloß zutrieb, seine Richtung geändert haben, wodurch
die Katastrophe verhindert wurde.

Am 5. November 1622 überführte Graf Alwig von Sulz die Gebeine des Kapuzinerpaters,
die man nach dem Brand von Maienfeld in einem Zelt außerhalb der Stadt untergebracht hatte,
mit militärischen Ehren schließlich nach Chur, wo diese dann vom Bischof, Domkapitel und
Klerikern unter dem Läuten der Glocken in einer Prozession zur Kathedrale gebracht wurden.
Den Sarkophag stellte man unter dem Jubelruf »Fidelis, fidelis, sanctus!« in der Mitte des
Kirchenschiffs auf. Nach dem Pontifikalamt wurden die Gebeine in die Krypta unterhalb des
Hochaltars gebracht und mit einer Ziegelmauer verschlossen.

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