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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0284
Frank Raberg

7. FRAKTIONSVORSITZENDER UND HOHENZOLLERISCHER
»LANDESHAUPTMANN« - FRANZ GOG ALS VERFECHTER DER
HOHENZOLLERISCHEN SELBSTVERWALTUNG 1949/50

Der Regierungsstreik der württemberg-hohenzollerischen Staatsregierng im Schulterschluß
mit dem Landtag hatte sein offizielles Ende am 24. Juni 1949 gefunden158, als
Staatspräsident Müller dem Landtag die Namen der Kabinettsmitglieder mitteilte, die
sich in keinem Fall von den Gegebenheiten vom 13. August 1948, als er zum Regierungschef
gewählt worden war, unterschieden. Die Zeit der geschäftsführenden Minister war
vorbei, man trug angesichts einer sich in puncto Demontage und Wälderabholzung wandelnden
, sprich den deutschen Vorstellungen mehr Rechnung tragenden französischen
Besatzungspolitik nun wieder formell und offiziell die volle Verantwortung für die Politik
im Lande.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende blieb im Sommer 1949 besonders mit Fragen im Zusammenhang
mit denVerbrechen des »Dritten Reiches« befaßt. Der Landtag entschied
sich nach Vorlage eines Gesetzesentwurfes über die Entschädigung der Opfer der Nationalsozialismus
im Juli zur Bildung eines Sonderausschusses. Diesem gehörte neben sechs
weiteren Mitgliedern der CDU auch Gog an.159 Der Gesetzesentwurf wurde aber erst im
Dezember 1949 weiterberaten. Im gleichen Monat Juli hatte Gog mit einigen Fraktionskollegen
eine Große Anfrage an das Staatsministerium gerichtet, in der er sich über das
Verhalten von Rundfunk und Presse vor der Urteilsverkündung im sogenannten Grafeneck
-Prozeß empörte.160 Er bezog sich besonders auf eine Rundfunksendung von Radio
Stuttgart, die am Abend des 2. Juli 1949 gesendet worden sei. Der zuständige Redakteur
habe sich massiv eingemischt und in ungewöhnlicher und verwerflicher Weise versucht,
das Schwurgericht zu Gunsten der Angeklagten zu beeinflussen. Er habe sogar gesagt,
daß, wenn einige Angeklagte nicht freigesprochen würden, der Untergang der Rechtsordnung
bevorstehe, wenn das Gericht etwa wagen sollte, diese Angeklagten zu verurteilen
. Der Vorsitzende des Schwurgerichts habe dieses Vorgehen, das der Staatsanwaltschaft
vor der Urteilsverkündung keine Möglichkeit mehr zur Reaktion auf diese Sendung
gelassen habe, nachdrücklich mißbilligt... und direkt von einer Terrorisierung des
Gerichts durch diese Sendung gesprochen. Gog, der noch vor Jahresfrist kurz in Gefahr
gewesen war, durch Anschuldigungen von interessierter Seite selbst in den Prozeß um
die Euthanasie-Morde der Nationalsozialisten im Lager Grafeneck/Kreis Münsingen
hineingezogen zu werden und aufgrund seines eigenen Dienststrafverfahrens offenkundig
sehr hellhörig dafür geworden war, wenn die Justiz ihre Unabhängigkeit nicht wahrte
, stellte weiterhin fest, es sei bekannt geworden, der besagte Redakteur sei mehrfach mit
einem der Verteidiger zu den Verhandlungen und auch zu einer Ortsbesichtigung gefahren
. Er hielt diese Vorfälle für geeignet, sich nun denWiderstreit zwischen richterlicher
Unabhängigkeit und freier Meinungsäußerung etwas näher anzusehen. Im folgenden
hielt Gog ein Kolleg über die Institution der richterlichen Unabhängigkeit, die im »Dritten
Reich« zu Schaden gekommen sei und deshalb erst recht sehr sorgfältig beobachtet,
aber auch geschützt werden müsse. Gog nahm die Richter des Schwurgerichts gleich kollektiv
in Schutz, was Oskar Kalbfell zu dem Zwischenruf 'Warum regt er sich denn auf?
veranlaßte. Abschließend verlangte Gog, daß die Regierung Überlegungen anstelle, weitere
Vorfälle dieser Art im Land zu verhindern.

158 VLWH, 62. Sitzung, 24. Juni 1949, S. 1189. Den Wandel im Verhältnis zur Besatzungsmacht
hatte Müller bereits am 12. Mai 1949 in einer Regierungserklärung angekündigt. Ebd., 59. Sitzung,
S. 1087-1090.

159 VLWH, 63. Sitzung, 7. Juli 1949, S. 1222.

160 Beilage 386. VLWH, 65. Sitzung, 29. Juli 1949, S. 1245-1246 Gogs Erläuterung, S. 1246-1251
Debatte.

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